Anlagerichtlinie für Geldanlagen des Landkreises Mittelsachsen

20.12.2024

1. Präambel

Dem Landkreis Mittelsachsen obliegt als Kommune eine besondere Verantwortung in der Verwaltung öffentlicher Gelder. Die Anlagerichtlinie für Finanzanlagen des Landkreises Mittelsachsen bildet den Rahmen im Umgang mit Geldanlagen, stellt die Einhaltung der haushaltsrechtlichen Vorgaben sicher und schafft Transparenz hinsichtlich der erforderlichen Prozesse sowie der damit im Zusammenhang stehenden Kompetenzen. Gleichzeitig bindet die Anlagerichtlinie die Landkreisverwaltung in ihrem Handeln. Darüber hinaus sollen die Kontrahenten im Rahmen des Abschlusses von Geldanlagen auf die Einhaltung der Regelungen in der Anlagerichtlinie verpflichtet werden.

Damit sichert die Anlagerichtlinie die Einhaltung der Oberziele Sicherheit, Rentabilität, Liquidität und Verfügbarkeit von Geldanlagen ab.

Einzelheiten über das Verfahren zum Abschluss und zur Verwaltung von Geldanlagen werden in der Dienstanweisung Finanzgeschäfte geregelt.

2. Geltungsbereich

Diese Anlagerichtlinie gilt für die künftigen Geldanlagen der Landkreisverwaltung Mittelsachsen. Sie zeigt Rahmenbedingungen und Handlungserfordernisse für diese Geldanlagen auf.

Die Anlagerichtlinie regelt die Anlage von Finanzmitteln, die nicht unmittelbar zur Sicherung der Liquidität oder Zahlungsabwicklung benötigt werden unter dem Aspekt der Erzielung eines angemessenen Zinsertrages, bei gleichzeitiger Eingrenzung von Risiken und Vermeidung von Kapitalverlust.

3. Rechtliche Grundlagen

Die Zulässigkeit von Geldanlagen richtet sich nach § 72 SächsGemO, wonach die Haushaltswirtschaft wirtschaftlich und sparsam zu führen ist. Mit der Einführung eines Spekulationsverbotes in § 72 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO wird der Sicherheit einer Geldanlage Priorität eingeräumt.

Es gelten die gesetzlichen Vorgaben aus § 89 Abs. 3 SächsGemO sowie § 22 Abs. 1 SächsKomHVO, dass bei Geldanlagen auf eine hinreichende Sicherheit zu achten ist und sie einen angemessenen Ertrag erwirtschaften sollen. Liquide Mittel sind sicher und ertragbringend anzulegen, wobei die rechtzeitige Verfügbarkeit zu gewährleisten ist.

Gemäß Punkt A) XVI. 2.a) VwV KomHWi erfordert hinreichende Sicherheit, „dass der Substanzwert der Anlage erhalten wird und am Ende der Anlagezeit ungeschmälert zur Verfügung stehen muss.“

Weitere grundsätzliche Hinweise dieser Verordnung sind:

  • dass auf eine hinreichende Sicherheit bei Geldanlagen auch dann zu achten ist, wenn kein angemessener Ertrag erzielt werden kann,
  • dass bei Sichteinlagen (Girokonten, Tagesgeldkonten) aufgrund der fehlenden Einlagesicherung für Kommunen die Bonität der Kreditinstitute regelmäßig zu prüfen ist und
  • dass Geldanlagen in Fremdwährung sowie der Einsatz von Zinsderivaten im Zusammenhang mit Geldanlagen nicht zulässig sind.

4. Allgemeine Grundsätze

Für die Geldanlagen der Landkreisverwaltung Mittelsachsen gelten die Grundsätze einer sicheren und wirtschaftlichen Vermögensverwaltung, wobei der Sicherheit die höhere Priorität eingeräumt wird.

Sicherheit ist unter anderem gegeben, wenn mindestens der Substanzwert der Geldanlage am Ende der Anlagezeit in vollem Umfang zur Verfügung steht (Nominalkapitalerhalt).

Nach der Reform des freiwilligen Einlagesicherungsfonds sind seit dem 01.10.2017 Einlagen der Kommunen bei Geschäftsbanken nicht mehr gesichert. Vor diesem Hintergrund ist bei der Auswahl der Kontrahenten eine erhöhte Sorgfalt erforderlich.

5. Struktur der Anlagen

Der Liquiditätsbestand des Landkreises Mittelsachsen ist insgesamt zu betrachten. Im Liquiditätsbestand enthalten sind alle Finanzmittel auf Bankkonten des Landkreises, welche versetzt nach Fälligkeiten zur Auszahlung gebracht werden können.

Eine regelmäßige Auswertung der zu erwartenden Zahlungsströme anhand des Liquiditätsplanes ist für die Verwaltung dieser finanziellen Mittel erforderlich.

Grundsätzlich gilt es nach der Dauer der zur freien Verfügung stehenden Liquidität zu unterscheiden:

a) kurzfristige liquide Mittel
Darunter fallen Finanzmittel, die für laufenden Zahlungsverpflichtungen vorgehalten werden. Sie stehen auf Girokonten und Tagesgeldkonten zur Verfügung und werden nur für einen kurzen Zeitraum nicht zur Auszahlung benötigt.

b) mittel- und langfristige liquide Mittel
Hierunter fallen all jene Finanzmittel, die nicht für regelmäßige Zahlungsverpflichtungen benötigt werden und daher bis zu einem definierten Zeitpunkt angelegt werden können.

Die Unterscheidung der liquiden Mittel in kurzfristige bzw. mittel- und langfristige liquide Mittel ist ausschlaggebend für die Anlageziele, die Anlageinstrumente sowie das Risikomanagement.

Grundsätzlich liegt das Ermessen, vorübergehend nicht benötigte liquide Mittel anzulegen, bei der Landkreisverwaltung Mittelsachsen.

6. Anlageziele

Die zentralen Eckpunkte der kommunalen Geldanlage sind Sicherheit, Rentabilität, Liquidität und Verfügbarkeit. Die Sicherheit der Geldanlagen hat für den Landkreis Mittelsachsen höchste Priorität. Es gilt Sicherheit vor Rentabilität. Spekulative Finanzgeschäfte sind verboten.

  1. Sicherheit
    Die Geldanlagen der Landkreisverwaltung Mittelsachsen müssen den gesetzlichen Anforderungen (siehe Punkt 3.) entsprechen. Dabei wird dem Ziel der Sicherheit für alle Geldanlagen oberste Priorität eingeräumt.
    Diese ist unter anderem gegeben, wenn mindestens der Substanzwert der Geldanlage am Ende der Anlagezeit in vollem Umfang zur Verfügung steht (Nominalkapitalerhalt).
  2. Liquidität
    Durch eine sorgfältige Finanz- und Liquiditätsplanung werden die Höhe der Geldanlagen sowie die verfügbaren Zeiträume definiert.
    Die rechtzeitige Verfügbarkeit der liquiden Mittel ist dabei zu beachten.
    Der Mindestliquiditätsbestand von 30,0 Mio. EUR sollte nicht unterschritten werden.
  3. Rentabilität
    Die Geldanlage hat so zu erfolgen, dass unter Berücksichtigung der aktuellen Marktlage sowie der Sicherheits- und Liquiditätsanforderungen ein angemessener Ertrag erzielt wird.
  4. Verfügbarkeit
    Geldanlagen haben so zu erfolgen, dass diese unter Beachtung des Finanz- und Liquiditätsplanes rechtzeitig verfügbar sind.
    Bei einer Geldanlage sollte die Möglichkeit der vorzeitigen Ablösung bzw. des vorzeitigen Verkaufs durch den Landkreis berücksichtigt werden.

7. Anlageinstrumente und Regelung der Zuständigkeit

Gemäß Punkt A) XVI. 2.a) VwV KomHWi werden Geldanlagen gemäß § 1807 des Bürgerlichen Gesetzbuches empfohlen. Dieser beinhaltet die mündelsichere Anlage, das heißt Vermögensanlagen, bei denen der Wertverlust ausgeschlossen ist.

Die Anlage der Finanzmittel hat weiterhin so zu erfolgen, dass sie bei Bedarf verfügbar sind. Dabei unterscheiden sich Geldanlagen nach der Dauer des Anlagezeitraumes in kurzfristige und langfristige Geldanlagen.

7.1 kurzfristige liquide Mittel
Anlageziel für kurzfristige liquide Mittel ist Sicherheit, Liquidität und Verfügbarkeit vor Ertrag. Als Anlageinstrument ergeben sich beispielweise Sicht- und Tagesgeldanlagen.

Diese Anlagen haben keine festen Laufzeiten und unterliegen einer variablen Verzinsung. Guthaben auf Sicht- und Tagesgeldkonten sind täglich verfügbar.

Die kurzfristigen Geldanlagen mit einer Laufzeit bis zu einem Jahr sind laut Anlage 3 Kommunaler Kontenrahmen mit den finanzstatistischen Merkmalen der VwV KomHSys den liquiden Mitteln zuzuordnen. Die buchhalterische Abbildung erfolgt im Bestand der liquiden Mittel. Für die Entscheidung über eine kurzfristige Geldanlage mit einer Laufzeit bis zu einem Jahr ist in unbegrenzter Höhe der Kassenverwalter zuständig.

7.2 mittel- und langfristige liquide Mittel
Für liquide Mittel, die nicht für regelmäßige Zahlungsverpflichtungen benötigt werden, ergeben sich nach aktueller Marktlage beispielhaft folgende Anlagemöglichleiten:

  • Tages-, Termin- und Festgeldanlagen
  • Geldmarkt- und geldmarktnahe Fonds
  • Sparbriefe
  • festverzinsliche Wertpapiere (Anleihen).

Diese Anlagearten zählen zu den langfristigen Geldanlagen.

Geldanlagen mit einer vertraglichen Laufzeit von mehr als einem Jahr sind dem Geldvermögen zuzuordnen. Es besteht eine Bilanzierungspflicht im Finanzanlagevermögen.

In der Regel sollte der Anlagezeitraum fünf Jahre nicht übersteigen.

Bei der Entscheidungsfindung sind folgende Zeiträume zu berücksichtigen:

  • das aktuelle Haushaltsjahr,
  • der Doppelhaushalt und der
  • Finanzplanungszeitraum.

Die abschließende Entscheidung überlangfristige Geldanlagen für die Dauer bis zu fünf Jahren trifft gemäß § 9 Absatz 6 Nummer 5 der Hauptsatzung des Landkreises Mittelsachsen der Landrat.

Entscheidungen, die über die Dauer von fünf Jahren hinausgehen, obliegen gemäß § 4 Absatz 1 der Hauptsatzung des Landkreises Mittelsachsen dem Kreistag.

Es kommen ausschließlich Anlagen in EUR in Frage. In den Bieterkreis werden nur Kontrahenten einbezogen, die ihren Sitz in Deutschland bzw. der Europäischen Union und eine Niederlassung bzw. ihre Geschäftstätigkeit in Deutschland haben.

8. Risiken der Geldanlage und Risikomanagement

  1. Marktpreisrisiko
    Marktpreisrisiken bestehen darin, dass Vermögensminderungen durch eine Veränderung von Marktpreisen eintreten. Für o.g. Anlageinstrumente bezieht sich das grundsätzlich auf das Zinsänderungsrisiko.
    Geldmarkt- und heldmarktnahe Fonds sowie festverzinsliche Wertpapiere mit Notierung am geregelten Markt unterliegen dem Kurswertrisiko. Bei festverzinslichen Wertpapieren betrifft die Kursschwankung eine während der Laufzeit abweichende Wertentwicklung, welche jedoch keinen realen Verlust darstellt, da zum Laufzeitende 100% des Nennwertes zurückgezahlt werden.
  2. Konzentrationsrisiko
    Da Risiken bei Anlagen nicht vollständig auszuschließen sind, soll auf eine angemessene Mischung und Streuung der Geldanlagen geachtet werden.
    Hierzu gehören die sorgfältige Auswahl der Kontrahenten sowie eine Begrenzung des Volumens je Kontrahent und je Anlageinstrument.
    Die Aufteilung der Geldanlagen auf verschieden Anlagemöglichkeiten, Kontrahenten oder Laufzeiten minimiert das Risiko jeder einzelnen Geldanlage.
    Die maximale Anlagesumme je Einzelanlage sollte in der Regel 5.000.000,00 EUR nicht übersteigen.
    Grundsätzlich ist bei Geldanlagen auf eine hinreichende Laufzeitverteilung zu achten.
  3. Adressausfallrisiko
    Das Adressausfallrisiko bezeichnet die mögliche Veränderung der Bonität eines Institutes im Laufe einer Geschäftsbeziehung. Dieses Risiko kann gerade bei langfristigen Anlagen zum Tragen kommen, da die Bonitätseinstufung zum Investitionszeitpunkt jeweils nur die Einjahresausfallwahrscheinlichkeit abbildet.
    Um dieses Risiko nachhaltig zu würdigen, wird die Bonität des Institutes regelmäßig geprüft und dokumentiert. Bei Herabstufung des Institutes ist ggf. die Option des vorzeitigen Austritts zu prüfen.
  4. Liquiditätsrisiko
    Als Liquiditätsrisiko wird die Gefahr bezeichnet, anstehenden Zahlungsverpflichtungen nicht mehr uneingeschränkt und fristgerecht nachkommen zu können. Dieses Risiko kann sich einerseits aus einer geänderten Verfügbarkeitsdauer freier Finanzmittel und andererseits aus kurzfristigen Auszahlungen ableiten.
    Im Vorfeld einer Anlage ist daher umfassend die mögliche Anlagedauer zu prüfen und der Zeitpunkt des Liquiditätsbedarfes zu bestimmen und zu dokumentieren.
    Hierbei sollte auch abgewogen werden, ob besagter Bedarf lediglich kurzfristig ist und die Inanspruchnahme eines Kassenkredites unter wirtschaftlichen Aspekten zugunsten einer längerfristigen und damit regelmäßig ertragsreicheren Anlage genutzt werden kann.

9. Anlageentscheidung

Die Kreiskasse der Landkreisverwaltung Mittelsachsen ermittelt im Rahmen der laufenden Liquiditätsplanung die Höhe und tatsächliche Dauer der Verfügbarkeit liquider Mittel. Die Entscheidung zur Durchführung einer Geldanlage erfolgt unter Betrachtung sämtlicher nicht benötigter Liquidität in Abstimmung zwischen dem Fachbediensteten für das Finanzwesen und dem Kassenverwalter.

Der Handel obliegt dem Kassenverwalter. Auf Grundlage der abgegebenen Angebote erfolgt seitens des Kassenverwalters die Auswertung und Erarbeitung eines Vorschlages zur Zuschlagserteilung.

Ein entsprechender Vergabevorschlag wird unter Beachtung der Regelungen der Hauptsatzung des Landkreises Mittelsachsen

  • für Geldanlagen bis zu einer Summe von 5.000.000,00 EUR und einer Anlagedauer bis zu fünf Jahren dem Landrat sowie
  • bei einer Geldanlage von mehr als 5.000.000,00 EUR und einem Anlagezeitraum von mehr als fünf Jahren dem Kreistag

zur abschließenden Entscheidung vorgelegt.

Die Auswahl der Geldanlage und des Anbieters erfolgt für jedes abzuschließende Geschäft in einem dokumentierten, nachvollziehbaren Prozess.

Die Dokumentation und Aktenführung obliegt dem Kassenverwalter.

Der Kreistag ist bei getätigten Geldanlagen in der Zuständigkeit des Landrates entsprechend zu informieren.

10. Inkrafttreten

Die Anlagerichtlinie tritt am 01.01.2025 in Kraft.

Freiberg, 13. Dezember 2024

gez. Dr. Lothar Beier
Erster Beigeordneter des Landkreises Mittelsachsen                                     Siegel

 

Hinweis zur Ausfertigung:

Der Erste Beigeordnete unterzeichnet dieses Dokument in der Rechtsstellung des Landrates (§ 47 Abs. 1 SächsLKrO), da die Position des Landrates derzeit unbesetzt ist.