Erste Bilanz zum 2. Energietisch

11.09.2023

Interessierte diskutierten über Kernthemen. Die Ergebnisse fließen in die Erstellung eines integrierten Klimaschutzkonzeptes für den Landkreis Mittelsachsen ein.

Rund 80 Interessierte folgten am Donnerstagabend der Einladung des Landrates Dirk Neubauer zum zweiten Energ(i)etisch in den Sonnenlandpark Lichtenau. Nach Impulsvorträgen von Neubauer, Luise Menzel und Christopher Schmid vom Ingenieurbüro Seecon zu Potentialen für Erneuerbare Energien in Mittelsachsen sowie von Klimaschutzmanagerin Anne Vent erfolgte die Arbeit und Diskussion an fünf Thementischen „Kommunale Wärmeplanung“, „Bürgerenergie“, „Klimaschutz“, „Wind- und Solarenergie“ sowie „Nachhaltigkeit, Digitalisierung und ländliches Bauen“.

Mehr als eine Stunde lang wurde sich zum Teil auch kontrovers ausgetauscht. „Der Beteiligungsworkshop war offen für alle. Der Großteil steht dem Thema Erneuerbare Energien offen gegenüber und möchte die Potentiale des Landkreises heben, die es hier zweifelsohne gibt“, so Landrat Neubauer. Wie viel jeder Einzelne dazu beitragen könne, habe bereits der Veranstaltungsort gezeigt: Obwohl der Betrieb eines Freizeitparks energieintensiv ist, setzen die Geschäftsführer Manuela und Karl Bernhard Schleith von Beginn an auf ein ganzheitliches Konzept, inklusive erneuerbare Energien. „Der Park stellt mit seinen verschiedenen Attraktionen, dem Hotel, dem Wildtiergehege, dem Indoor-Spielplatz und den Grillstationen ein attraktives, ganzjährig nutzbares und gleichzeitig nahes und damit klimafreundliches Ferienziel dar. Dank zahlreicher Solaranlagen ließe sich der Park komplett autark betreiben“, so Anne Vent, Klimaschutzmanagerin im Landratsamt. Die technischen Anlagen dienen zugleich als Überdachung der Parkplätze und konkurrieren so nicht in der Flächennutzung. Eine Schnelladesäule für E-Autos steht ebenfalls zur Verfügung. Das Hotel selbst wurde von einer regionalen Baufirma errichtet und stelle damit ein positives Beispiel regionaler Wertschöpfung dar, ergänzt sie. Für die Wärmeversorgung des 1700 Quadratmeter großen Domizils sorgt eine Photovoltaikanlage. „Ich wünschte, wir wären überall im Kreis schon so weit wie hier“, so Dirk Neubauer.

Die Ergebnisse der Diskussion an den fünf Thementischen werden in das Klimaschutzkonzept des Landkreises einfließen. „Es sind wertvolle Impulse – aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger sowie aus Sicht der Wirtschaft. Ziel dieses Beteiligungsworkshops war, deren Meinungen gespiegelt zu bekommen. Denn Klimaschutz ist ein komplexes Thema“, so Anne Vent. Neubauer ergänzt: „Dieses gehen wir jetzt an. Es ist eine generationenübergreifende Aufgabe. Wir müssen jetzt ins Tun kommen und werden als Landratsamt, speziell als Genehmigungsbehörde, unser Bestes geben, um Antrags- und Genehmigungsprozesse zu straffen und zu beschleunigen.“

Einige Ergebnisse der Thementische:

Kommunale Wärmeplanung:

  • Es handelt ich um gesetzliche Regelungen, die keine Auswirkungen auf den Bürger und keine rechtliche Verpflichtung für die Wirtschaft haben, sondern um eine Entscheidungsgrundlage der Politik. Die Akteure müssen bei der Planung mit am Tisch sitzen: Wohnungswirtschaft, Stadtwerke, Bürgerenergiegesellschaften/-genossenschaften, Sportvereine, Bürgerinnen und Bürger etc.
  • Die Fördersätze müssen passen: 90 Prozent noch bis Ende des Jahres, ab nächstem Jahr nur noch 60 Prozent.
  • Nutzen vorhandener Potentiale vor Ort, zum Beispiel Biogasanlagen landwirtschaftlicher Betriebe

Wind- und Solarenergie:

  • Photovoltaik (PV) ist von der Fördertechnik her bevorzugt zu errichten, vor allem im Kleinbereich (Balkonanlagen bis 30 KW);
  • Agri-Photovoltaik: Ist gut, aber aufgrund der technischen Anforderungen und des begrenzten Wirkungsgrads der Anlagen wird diese Technologie von Landwirten bisher nicht ausreichend präferiert; so sollte man weiter daran forschen, aber es ist momentan nicht diskutabel, da die Aufwendungen aktuell zu hoch sind.
  • Erik Wagner vom Referat Bauantragsbearbeitung im Landratsamt: „Wir haben in erster Linie als Genehmigungsbehörde die Aufgaben einer Aufsichtsbehörde, verstehen uns aber auch als Projektpartner bei den Zulassungsverfahren der Wind- und Solarenergie, wir wollen mit Ergebnis- und Wirkungsorientierung Hemmnisse abbauen.“ Zudem müssen besser vor Ort greifbare und wirksame Betreibermodelle gefunden werden, damit sich lokale Finanzierungskreise schließen und die Bürger von Windparks und PV-Flächen einen finanziellen Mehrwert haben. Zudem müssen die Grenzen der technischen Überformung der Landschaft neu bewertet werden.
  • Dr. Lothar Beier, erster Beigeordneter: „Auch das Thema Fachkräfte spielt eine Rolle. Aktuell fehlen Handwerker, die Privatpersonen kleinere PV-Anlagen aufs Dach bauen, da größere Aufträge schlicht lukrativer für sie sind.“

Bürgerenergie:

  • Projekt „Landwerk“: Initiative sind vorhanden, Projektierer, die etwas abgeben möchten, ebenso. Zentrale Frage bleibt: Wie gelingt es, die Erträge auch vor Ort zu behalten?
  • Landrat Dirk Neubauer führte aus, dass die Kreisverwaltung mit übergeordneten Behörden sowie kreisangehörigen Kommunen im regen Austausch sei, um ein Modellprojekt zu entwickeln. „Es gibt eine Kommune, die gern eine eigene Windkraftanlage betreiben und die gewonnene Energie vor Ort nutzen möchte. Unser Ziel ist es, das exemplarische Modell so zu entwickeln, dass eine andere Kommune es klonen kann.“ Zum Landwerk ergänzte er: „Envia, die großen Stadtwerke, die Kommunen und die Bürger bringen ihre jeweiligen Kompetenzen ein und arbeiten mit- und nicht gegeneinander. Vorteile wären ein stabil niedriger Strompreis, positive Effekte für die Umwelt und die Wertschöpfung verbleibt in der Region.“ Teile des Erlöses könnten in eine Stiftung fließen, die der Finanzierung der Vorhaben dient, um ein Stück weit unabhängiger von Fördergeldern zu werden.

Nachhaltigkeit, Digitalisierung und ländliches Bauen:

  • Informieren zum Thema ländliches Bauen ist das A und O.
  • Zusammenarbeit mit der Wissenschaft: Kreislaufwirtschaft, Wiederverwenden von Baustoffen, modulares Bauen etc.
  • Bauwerke vom Ende her, sprich vom Nutzen her denken
  • Vorhandene Bauwerksressourcen weiter nutzen
  • Stopp der Zersiedelung
  • Handwerkskammer denkt regionale Holzwertschöpfungskette neu
  • Vernetzung, überregionaler Austausch (über Kreisgrenzen hinweg)

Klimaschutzkonzept:

  • einige Unternehmen haben bereits Klimaschutzmanager
  • Solarziegel, die auf denkmalgeschützten Gebäuden eingesetzt werden können
  • „Es bedarf noch ganz viel Bildungsarbeit zur Sensibilisierung der Gesellschaft für das Thema“, so Anne Vent.
  • Probleme: Bürokratie, Genehmigungsverfahren, Datenbeschaffung, Denkmalschutz

„Es hat sich gezeigt, dass viele Themen tischübergreifend zur Sprache gekommen sind. Die Ergebnisse des zweiten Energietischs werden aufgearbeitet und mit gezielten Folgegesprächen vertieft“, so Anne Vent. Das Klimaschutzkonzept für den Landkreis Mittelsachsen soll bis Herbst 2024 vorliegen und wird gefördert durch die Nationale Klimaschutzinitiative (NKI) des Bundes.