Richtlinie des Landkreises Mittelsachsen über das Verfahren zur Geltendmachung und Erstattung von Absenkungsbeträgen gemäß § 15 Absatz 5 Satz 1 des Sächsischen Gesetzes über Kindertageseinrichtungen (SächsKitaG)

05.07.2023

I. Rechtsgrundlagen

Für die Inanspruchnahme der Betreuung eines Kindes in einer Kindertageseinrichtung oder bei einer Kindertagespflegeperson werden Elternbeiträge gemäß § 90 Achtes Buch Sozialgesetzbuch – SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) in der Fassung der Bekanntmachung            vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2824) i. V. m. § 15 des Sächsischen Gesetzes über Kindertageseinrichtungen (SächsKitaG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Mai 2009 (SächsGVBl. S. 225), zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 21. Mai 2021 (SächsGVBl. S. 578) erhoben. 

§ 90 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII
Für die Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege nach den §§ 22 bis 24 SGB VIII können Kostenbeiträge festgesetzt werden.

§ 90 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII
Im Fall des Absatzes 1 Nummer 3 sind Kostenbeiträge zu staffeln.

§ 15 Abs. 1 SächsKitaG
Die Elternbeiträge werden von der Gemeinde in Abstimmung mit dem Träger der Kindertageseinrichtung und dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe festgesetzt. Sie werden vom Träger der Kindertageseinrichtung erhoben. Absenkungen sind vorzusehen für

  1. Alleinerziehende und
  2. Eltern mit mehreren Kindern, die gleichzeitig eine Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflegestelle besuchen.

§ 15 Abs. 5 Satz 1 SächsKitaG 
Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat dem Träger der Einrichtung oder bei der Betreuung in Kindertagespflege der Gemeinde den Betrag zu erstatten, um den die Elternbeiträge nach Absatz 1 Satz 3 abgesenkt worden sind.

II. Grundsatz

Die vorliegende Richtlinie soll zum einen den Trägern von Kindertageseinrichtungen im Landkreis Mittelsachsen eine einheitliche Anwendung und Auslegung der gesetzlich formulierten Absenkungsansprüche der Eltern ermöglichen. Andererseits stellt diese Richtlinie die Arbeitsgrundlage für die Abteilung Jugend und Familie dar, mit dem Ziel, ein verbindliches Prüfinstrument für die Gewährung der Absenkungsbeträge zu erhalten.

III. Verfahren zur Geltendmachung der Absenkungsbeträge gemäß § 15 Abs. 5 Satz 1 SächsKitaG          

Die Anträge auf Geltendmachung der Absenkungsbeträge werden rückwirkend für das abgelaufene Kalenderquartal durch den Träger der Kindertageseinrichtung oder für eine Kindertagespflegeperson durch die zuständige Gemeindeverwaltung eingereicht. Die Anträge sollen bis zum 15. des dem Quartal folgenden Monats in der Abteilung Jugend und Familie, Referat Kindertagesbetreuung und Förderung eingereicht werden. Die Auszahlung der mittels Bescheid bewilligten Absenkungsbeträge erfolgt in der Regel bis zum 15. des darauffolgenden Monats.

Der Antrag besteht aus einem Formblatt und einer Anlage (siehe Anlage 1). Die im Antragsformular geforderten Angaben sind zwingend für die Prüfung erforderlich.

Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 86 SGB VIII. Sie ist in der Regel dann gegeben, wenn die Eltern des betreffenden Kindes ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Landkreis Mittelsachsen begründen.

IV. Höhe der Absenkungsbeträge

Entsprechend der Gemeinsamen Empfehlung des Sächsischen Städte- und Gemeindetages, des Sächsischen Landkreistages, der Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege und des Sächsischen Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und Familie über die Festsetzung der Elternbeiträge vom 20.06.1996 sollten die Elternbeiträge wie folgt ermäßigt werden:

bei Familien mit mehreren Kindern, die gleichzeitig eine Einrichtung besuchen

  • für das 2. Kind um     40 v. H.
  • für das 3. Kind um     80 v. H.
  • ab dem 4. Kind um  100 v. H.

bei Alleinerziehenden

  • für das 1. Kind um     10 v. H.
  • für das 2. Kind um     50 v. H.
  • für das 3. Kind um     90 v. H.
  • ab dem 4. Kind um  100 v. H.

Für den Landkreis Mittelsachsen wird die vorgenannte Staffelung hinsichtlich der Festsetzung der Elternbeiträge für alle Gemeinden verbindlich festgelegt.

Kinder, die in einer heilpädagogischen Sondergruppe bzw. Sondereinrichtung betreut werden oder das außerschulische Betreuungsangebot einer Sonderschule (außer Lernförderschule) in Anspruch nehmen, finden in der Geschwisterreihenfolge keine Berücksichtigung.

V. Begriffsbestimmungen

Familie
Als Familie werden die leiblichen Eltern bzw. Adoptiveltern bezeichnet, solange diese gemeinsam für die Betreuung und Erziehung des leiblichen Kindes bzw. Adoptivkindes sorgen. Für die Definition des Begriffes „Familie“ wird der Personenkreis ausgedehnt auf Personen, die gemeinsam mit einem der beiden Elternteile in einer Haushaltsgemeinschaft leben (z. B. Stiefelternteil, Lebensgefährtin/Lebensgefährte, Großeltern).

Leben zwei Elternteile mit jeweils eigenen Kindern in einem Haushalt (Patchwork-Familie) werden diese bei der Festsetzung der Elternbeiträge der klassischen Familienform gleichgestellt. Die Kinder jedes Elternteils werden demzufolge in eine gemeinsame Geschwisterreihenfolge eingeordnet.

Die Festsetzung des Familien-Elternbeitrages gilt auch für Eltern, die im Rahmen eines Wechselmodells zu gleichen Zeitanteilen für die Betreuung und Erziehung des gemeinsamen Kindes aufkommen.

Alleinerziehend
Alleinerziehend ist, wer tatsächlich allein mit mindestens einem Kind in einem Haushalt lebt und für dessen Pflege und Erziehung ohne wesentliche Unterstützung durch eine andere Person sorgt.

Sonstiges
Leben Kinder in einer Pflegefamilie (§ 33 SGB VIII) oder wird eine Hilfe zur Erziehung in Form der Heimerziehung (§ 34 SGB VIII) gewährt, ist der volle Elternbeitrag zu erheben. Dieser wird durch die Abteilung Jugend und Familie, Wirtschaftliche Jugendhilfe oder den örtlich zuständigen Jugendhilfeträger erstattet (§ 39 SGB VIII). Da es sich bei Pflegeeltern nicht um Eltern im Sinne des BGB handelt und auch bei Kindern, die im Heim untergebracht sind, eine Anknüpfung an die Eltern nicht möglich ist, können keine Absenkungsbeträge gewährt werden.

Außerdem gilt zu beachten, dass Kinder, die in einer Pflegefamilie untergebracht sind, bei der Festlegung der Geschwisterreihenfolge für die leiblichen Kinder der Familie unberücksichtigt bleiben.

VI. Prüfmechanismen

Der Landkreis Mittelsachsen ist im Rahmen seiner Zuständigkeit als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe jederzeit berechtigt, zur Prüfung der beantragten Absenkungsbeträge erforderliche und geeignete Unterlagen vom Antragsteller anzufordern oder einzusehen.

Hierzu führt die Abteilung Jugend und Familie, Referat Kindertagesbetreuung und Förderung regelmäßig Vor-Ort-Kontrollen in den Kindertageseinrichtungen oder bei dem jeweiligen Träger durch. Dabei werden die Betreuungsverträge der Kinder gesichtet, für die Absenkungsbeträge beim Landratsamt beantragt wurden.

Der antragstellende Träger hat dafür Sorge zu tragen, dass die Vertragsangaben aller Familien/Alleinerziehenden, denen eine Absenkung vom ungekürzten Elternbeitrag gewährt wird, in regelmäßigen Abständen (vorzugsweise jährlich) nachweislich abgeglichen und aktualisiert werden. Hierfür kann das als Anlage 2 beigefügte Formular verwendet werden.

VII. Inkrafttreten

Die Richtlinie tritt am 1. Juli 2023 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Richtlinie vom 26.06.2020 außer Kraft.

Freiberg, den 26. Juni 2023

gez. Dirk Neubauer
Landrat des Landkreises Mittelsachsen

 

Anlagen 
⇒ Anlage 1 – Antragsformular bestehend aus Formblatt und Anlage 
⇒ Anlage 2 – Überprüfungsbogen zum Betreuungsvertrag