Richtlinie zur Gewährung von Kosten der Unterkunft und Heizung in den Rechtskreisen SGB II und SGB XII

14.01.2025

Inhaltsübersicht

1             Einleitung

2             Funktion

3             Kosten der Unterkunft

3.1          Abstrakte Angemessenheit
3.1.1      Richtwerte
3.1.2      Vergleichsraum
3.1.3      Vergleichsräume im Gebiet des Landkreises Mittelsachsen
3.1.4      Abstrakt angemessene Wohnfläche
3.1.5      Abstrakt angemessener Quadratmeterpreis
3.1.6      Datenerhebung
3.1.7      Richtwerte für abstrakt angemessene Unterkunftskosten

3.2          Konkrete Angemessenheit

4             Kosten der Heizung

5             Inkrafttreten

1 Einleitung

Die vorliegende „Richtlinie zur Gewährung von Kosten der Unterkunft und Heizung“ ersetzt mit Wirkung zum 01.01.2025 die bisherige, seit dem 01.01.2021 geltende Richtlinie. Die Ausführungen finden für die Leistungsgewährung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) Anwendung. Mit der Richtlinie benennt der Landkreis Mittelsachsen in seiner Funktion als Kostenträger der Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) grundlegende fachliche Vorgaben. Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Abteilung Soziales und des Jobcenters dient die Richtlinie als Entscheidungshilfe und Maßgabe für den Regelfall, um eine weitgehende Gleichbehandlung der leistungsberechtigten Personen sicherzustellen. Eine von der Richtlinie abweichende Leistungsbewilligung soll nur erfolgen, wenn diese auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalls erforderlich ist. Die hierfür maßgebenden Gründe sind zu dokumentieren. Die Abteilung Soziales beim Landkreis Mittelsachsen und das Jobcenter legen die neuen Richtwerte zur Bestimmung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten der Bearbeitung eines jeden Neuantragsverfahrens und – in bereits laufenden Fällen – eines jeden Weiterbewilligungsverfahrens und jeder Anspruchsüberprüfung nach dem 3. Kapitel SGB XII zugrunde.

2 Funktion

In den Rechtskreisen des SGB II und des SGB XII werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit sie angemessen sind. Die Richtlinie benennt konkrete regionale Richtwerte, die im Rahmen der Einzelfallbearbeitung bei der Überprüfung der Kosten der Unterkunft und Heizung auf ihre Angemessenheit hin Anwendung finden und beinhaltet grundlegende Aussagen zur Rechtsanwendung. Die nachstehend angegebenen Bruttokaltmieten sind im Rahmen einer Angemessenheitsprüfung zugrunde zu legen. Liegen die Kosten der Unterkunft und Heizung (Bruttokaltmiete und Heizkosten) unterhalb der Angemessenheitswerte, sind diese entsprechend anzuerkennen. Andernfalls ist bei Überschreiten der Angemessenheitswerte unter Berücksichtigung des Einzelfalls zu prüfen, ob die tatsächlichen Kosten zu übernehmen sind oder ein Kostensenkungsverfahren durchzuführen ist. Die Richtlinie wird nach Bedarf bei geänderter Rechtslage oder veränderter Verhältnisse entsprechend angepasst, insbesondere dann, wenn sich die Richtwerte zu den Kosten der Unterkunft ändern. Die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bearbeiten die Einzelfälle auf der Basis des Gesetzes, der aktuellen Rechtsprechung und unter Berücksichtigung dieser Richtlinie. Die Verwaltung wird ermächtigt, die Umsetzung dieser Richtlinie in der Gewährung der Leistungen an die Leistungsberechtigten zu regeln.

3 Kosten der Unterkunft

3.1 Abstrakte Angemessenheit

Im Rahmen der abstrakten Angemessenheitsprüfung wird losgelöst von den tatsächlich anfallenden Kosten festgelegt, bis zu welcher Kostenhöhe ein Leistungsanspruch für die Kosten der Unterkunft besteht. Es sind folgende Grundbegriffe von Bedeutung:

3.1.1 Richtwerte

Die Richtwerte sind die durch das „schlüssige Konzept“ ermittelten Beträge, die sich aus dem Produkt der abstrakt angemessenen Wohnfläche und dem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis zuzüglich der ermittelten Nebenkostenwerte ergeben.

3.1.2 Vergleichsraum

Der Vergleichsraum ist der Raum, für den ein grundsätzlich einheitlicher abstrakter Angemessenheitswert zu ermitteln ist, innerhalb dessen einer leistungsberechtigten Person ein Umzug zur Kostensenkung grundsätzlich zumutbar ist und ein nicht erforderlicher Umzug nach § 22 Abs. 1 Satz 6 SGB II zu einer Deckelung der Kosten auf die bisherigen führt. Der Vergleichsraum ist ein ausgehend vom Wohnort der leistungsberechtigten Person bestimmter ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der aufgrund räumlicher Nähe, Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet. Im Zuständigkeitsgebiet eines Jobcenters kann es mehr als einen Vergleichsraum geben.

3.1.3 Vergleichsräume im Gebiet des Landkreises Mittelsachsen

Im Gebiet des Landkreises Mittelsachsen werden die nachfolgenden fünf Vergleichsräume mit den zugehörigen Kommunen gebildet:

Umland Chemnitz
Stadt Augustusburg, VG Burgstädt, Claußnitz, Stadt Flöha, Stadt Frankenberg, Hartmannsdorf, Leubsdorf, Lichtenau, Stadt Lunzenau, Niederwiesa und Stadt Penig;

Mittelbereich Mittweida
Erlau, Stadt Geringswalde, Stadt Hainichen, Königshain-Wiederau, Kriebstein, VG Mittweida, VG Rochlitz, Rossau und Wechselburg;

Mittelbereich Döbeln
Stadt Döbeln, Großweitzschen, Stadt Hartha, Jahnatal, Stadt Leisnig, Stadt Roßwein, Striegistal und Stadt Waldheim;

Mittelbereich Freiberg (ohne Stadt Freiberg)
Bobritzsch-Hilbersdorf, Stadt Brand-Erbisdorf, Eppendorf, Stadt Frauenstein, Großhartmannsdorf, Stadt Großschirma, Halsbrücke, VG Lichtenberg/Erzgeb., Mulda/Sa., Neuhausen/Erzgeb., Oberschöna, Stadt Oederan, Rechenberg-Bienenmühle, Reinsberg, und VG Sayda;

sowie

Stadt Freiberg.

3.1.4 Abstrakt angemessene Wohnfläche

Zur Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße hat die höchstrichterliche Rechtsprechung die Bestimmungen der Länder zum Wohnraumförderungsrecht herangezogen. Mangels gültiger landesrechtlicher Bestimmungen trifft der Landkreis Mittelsachsen für die Leistungsberechtigten nach dem SGB II und nach den Kapiteln 3 und 4 SGB XII die nachfolgende Regelung zum Wohnflächenbedarf:

1-Personen-Bedarfsgemeinschaft: 50 m²
2-Personen-Bedarfsgemeinschaft: 60 m²
3-Personen-Bedarfsgemeinschaft: 75 m²
4-Personen-Bedarfsgemeinschaft: 85 m²
5-Personen-Bedarfsgemeinschaft: 95 m².

Für jede weitere Person in der Bedarfsgemeinschaft erhöht sich der Bedarf um jeweils weitere 10 m².

3.1.5 Abstrakt angemessener Quadratmeterpreis

Bei der Ermittlung des abstrakt angemessenen Quadratmeterpreises ist gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard (nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz) zu Grunde zu legen.

3.1.6 Datenerhebung

Im Auftrag des Landkreises Mittelsachsen hat die Firma Empirica AG Richtwerte für abstrakt angemessenen Wohnraum im Landkreis Mittelsachsen auf der Basis eines schlüssigen Konzeptes im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung ermittelt. Diese Mietwerterhebung enthält folgende Bausteine:

  • Bildung von Vergleichsräumen zur Regionalisierung des Kreisgebietes
  • Erhebung von aktuellen Angebotsmieten
  • Ermittlung regionalisierter Mietpreisobergrenzen unter Einbeziehung von Angebotsmieten.

3.1.7 Richtwerte für abstrakt angemessene Unterkunftskosten

Die nachstehenden Werte beschreiben für die verschiedenen Wohnungsgrößen den Mietpreis pro Monat, zusammengesetzt aus Kaltmiete und kalten Betriebskosten („Bruttokaltmiete“), der bei der Angemessenheitsprüfung zu berücksichtigen ist.

Vergleichsraum Angemessene Brutto-Monatskaltmiete
(Euro/Wohnung)
1-Personen Haushalt 2-Personen Haushalt 3-Personen Haushalt 4-Personen Haushalt 5-Personen Haushalt
1 Stadt Freiberg 380 450 530 620 710
2 Mittelbereich Freiberg 350 400 500 570 650
3 Mittelbereich Mittweida 360 410 490 580 680
4 Umland Chemnitz 340 410 500 570 660
5 Mittelbereich Döbeln 340 400 480 550 610

 

3.2 Konkrete Angemessenheit

Leistungen für Unterkunft werden gem. § 22 Abs. 1 SGB II beziehungsweise § 35 Abs. 1 SGB XII grundsätzlich nur in Höhe der angemessenen Aufwendungen erbracht. Leben leistungsberechtigte Personen bei der Beantragung der Leistung bereits in einer abstrakt unangemessenen Wohnung, so dass gem. § 22 Abs. 1 Satz 7 SGB II beziehungsweise § 35 Abs. 3 Satz 2 SGB XII übergangsweise die tatsächlichen Unterkunftskosten als Bedarf zu berücksichtigen sind, ist im Rahmen der Zumutbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 22 Abs. 1 Satz 10 SGB II, die im SGB XII entsprechend zur Anwendung kommt, für eine Absenkung der Aufwendungen durch Wohnungswechsel zu prüfen, ob die Kosten der Unterkunft auf das angemessene Maß zu reduzieren sind. Das geschieht nach der Rechtsprechung in folgenden Prüfungsschritten:

  • Wird die Angemessenheitsgrenze überschritten?
  • Ist die Überschreitung der Angemessenheitsgrenze gerechtfertigt?
  • Ist kostengünstiger Wohnraum vorhanden?

Wird sodann ein Kostensenkungsverfahren durchgeführt, folgen weitere Prüfungsschritte:

  • Ist eine Kostensenkung rechtlich und tatsächlich möglich?
  • Ist die Kostensenkung zumutbar?
  • Ist die Kostensenkung wirtschaftlich?

4 Kosten der Heizung

Auch Bedarfe für Heizung werden gemäß § 22 Abs. 1 SGB II beziehungsweise § 35 Abs. 4 SGB XII in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Die Bestimmung der Angemessenheit der Heizkosten richtet sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Bei Überschreitung der Angemessenheitsgrenzen ist die Durchführung eines Kostensenkungsverfahrens zu prüfen.

5 Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am 01.01.2025 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Richtlinie zur Gewährung von Kosten der Unterkunft und Heizung in den Rechtskreisen SGB II und SGB XII vom 10.12.2020, zuletzt geändert durch die 1. Richtlinie zur Änderung der Richtlinie zur Gewährung von Kosten der Unterkunft und Heizung in den Rechtskreisen SGB II und SGB XII vom 15.12.2022, außer Kraft.

Freiberg, 13. Dezember 2024

gez. Dr. Lothar Beier
Erster Beigeordneter des Landkreises Mittelsachsen                                                     Siegel

Hinweis zur Ausfertigung:
Der Erste Beigeordnete unterzeichnet dieses Dokument in der Rechtsstellung des Landrates (§ 47 Abs. 1 SächsLKrO), da die Position des Landrates derzeit unbesetzt ist.