Sorgerecht, Fragen und Probleme

Sorgerecht, Fragen und Probleme

Allgemeine Informationen

Häusliche Gewalt und Verwahrlosung

Sind Kinder Opfer von häuslicher Gewalt oder Verwahrlosung, so kann das Jugendamt oder ein Elternteil beim Familiengericht die Einschränkung des Sorgerechts anregen. Das Familiengericht vermag den Eltern das Sorgerecht zu entziehen und auf eine andere Person oder das Jugendamt zu übertragen.

Anlass dazu besteht besonders dann, wenn Kinder vernachlässigt werden und verwahrlosen, wenn die Eltern Grundbedürfnisse ihrer Kinder nach Nahrung, Kleidung, Sauberkeit nicht erfüllen oder sie ihrer Aufsichts- und Sorgepflicht nicht nachkommen, aber auch dann, wenn ein Elternteil Kinder misshandelt oder missbraucht.

Ebenso verhält es sich mit dem Recht der Aufenthaltsbestimmung, das einen besonderen Aspekt des Sorgerechts darstellt: Wenn das Jugendamt Kinder in Obhut nehmen muss, ohne dass die Eltern darin einwilligen, so kann das Familiengericht den Eltern, unter Umständen auch im Eilverfahren, das Recht der Aufenthaltsbestimmung entziehen und dem Jugendamt übertragen. 

Bei Gefahren für das Kind auch ohne Antrag

Wenn Kinder zu verwahrlosen drohen, muss das Familiengericht unverzüglich eine Lösung herbeiführen. Der Anstoß dazu kommt meist vom Jugendamt, oder es wenden sich Verwandte und Nachbarn ans Gericht. Auch ohne Antrag ist das Familiengericht dann in der Lage, den Eltern oder einem Elternteil von Amts wegen das Sorgerecht ganz oder teilweise zu entziehen.

Diese Entscheidung darf das Familiengericht allerdings nur treffen, wenn das Kind körperlich, geistig oder seelisch akut gefährdet ist. Wenn erkennbar ist, dass die Eltern gewillt und dazu in der Lage sind, die Gefahren selbst abzuwenden, so wird ihnen die Gelegenheit dazu gegeben.

Trennung oder Scheidung der Eltern

Ob verheiratet oder nicht: Wenn die Eltern dauerhaft getrennt leben, kann das Familiengericht auf Antrag die elterliche Sorge oder einen Teil davon der Mutter oder dem Vater übertragen. Dazu muss kein Scheidungsverfahren eröffnet sein. 

Liegt eine Ehesache der Eltern vor Gericht, ist das damit befasste Familiengericht auch für das Sorgerechtsverfahren zuständig. Dies dürfte ohnehin in den weitaus meisten Fällen der Anlass sein. 

Der Gang vor das Familiengericht sollte der letzte Schritt sein. Besser ist es, Sie suchen von vornherein eine einvernehmliche Lösung. Dabei steht Ihnen das Jugendamt zur Seite. 

Einvernehmliche Lösung

Einem Antrag auf Übertragung des Sorgerechts gibt das Familiengericht generell statt, wenn beide Elternteile damit einverstanden sind. Kinder sind mitunter anderer Meinung, das Gericht muss grundsätzlich auch diese berücksichtigen. Jugendliche ab 14 Jahre können gegen eine Entscheidung auch Beschwerde einlegen. 

Bei Unversöhnlichkeit entscheidet das Gericht

Können sich beide Seiten nicht einigen, dann wird das Familiengericht entscheiden, welche Regelungen dem Wohl des Kindes am besten entsprechen. Gegebenenfalls wird auch nur ein Teil der Sorge auf den anderen übertragen. Denkbar wäre etwa, dass sich Mutter und Vater zwar darüber streiten, bei wem das Kind leben soll, sie ansonsten aber einigungsbereit sind. 

Im Extremfall kann das Gericht weitere Eingriffe in die Befugnis der Eltern verfügen. Denkbar ist es etwa, Erziehungshilfen anzuordnen, Maßnahmen gegenüber Dritten zu veranlassen oder elterliche Erklärungen zu ersetzen (Beispiel: Einwilligung in eine ärztliche Behandlung). 

Gesonderte Entscheidung über den Aufenthalt

Streit gibt es oft darüber, bei wem sich das Kind während der Trennung aufhalten soll. Das Gericht kann über das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil des Sorgerechts gesondert entscheiden.

Voraussetzungen

  • Antrag eines Elternteils
  • Gründe, die den Entzug des Sorgerechts auch ohne Antrag rechtfertigen (Beispiele: Anzeige des Jugendamtes, Hinweise von Nachbarn, Erziehern oder Verwandten)

Anwaltszwang besteht für die erste Instanz nicht.

Verfahrensablauf

Auf Antrag (ohne Vorliegen einer Ehesache):

  • Formulieren Sie einen Antrag auf Alleinsorge, eine besondere Form ist nicht vorgeschrieben.
  • Reichen Sie den Antrag beim zuständigen Familiengericht ein, der Eingang wird Ihnen schriftlich bestätigt.
  • Das Familiengericht verschafft sich einen umfassenden Überblick über die familiäre Situation des Kindes, dazu bezieht es nach Erfordernis auch Sachverständige ein.
  • Das Familiengericht lädt zu einem Anhörungstermin, bei dem es alle Beteiligten – insbesondere auch die Kinder – anhört.
  • Die Ergebnisse der Anhörung und gegebenenfalls die Empfehlung der Sachverständigen fließen in die richterliche Entscheidung ein. Nach Verkündung des Beschlusses werden beide Elternteile davon schriftlich in Kenntnis gesetzt.

Auf richterliche Anweisung:

  • Das Familiengericht wird ohne Antrag aktiv, wenn ein Elternteil oder beide Eltern nicht angemessen für das Kind sorgen, im Extremfall verbunden mit Gewalttätigkeiten (Beispiel: Anzeige der Jugendhilfe, von Angehörigen oder Nachbarn).
  • Das Gericht veranlasst eine sofortige Überprüfung der familiären Situation, es muss das tatsächliche Ausmaß der Gefährdung feststellen.
  • Ist das Wohl des Kindes extrem gefährdet, kann das Gericht Sofortmaßnahmen erlassen (Eilverfahren, etwa zur Herausgabe des Kindes und Ausschluss des Umgangs).
  • Das Gericht prüft, ob die eventuelle Gefahr mit milderen Mitteln abwendbar ist.
  • Als Teil des Sorgerechts kann eine vorläufige Entscheidung über den Aufenthalt erfolgen.
  • Der Beschluss geht den Beteiligten schriftlich zu.

Das Gericht setzt in der Regel einen sogenannten Verfahrensbeistand ein. Damit ist sichergestellt, dass während des Verfahrens die Bedürfnisse des Kindes gesichert werden und dieses nicht zum bloßen Objekt der Eltern wird.  

Als Verfahrensbeistand kommen nicht nur Juristen in Betracht, sondern vielmehr auch Sozialpädagogen, Kinderpsychologen oder Mitarbeiter der Jugendhilfe. 

Innerhalb einer Ehesache (Scheidungsverfahren) entscheidet das zuständige Familiengericht – in der Regel auf Antrag – auch über das Sorgerecht. Die Angelegenheit ist dann Teil eines sogenannten Verbundverfahrens.

Wichtig

Es wird darauf hingewiesen, dass mit dem Kommunikationsmittel (E-Mail) Verfahrensanträge oder Schriftsätze nur rechtswirksam unter Einhaltung der beschriebenen Bedingungen eingereicht werden können. Des Weiteren können auf diesem Weg Verwaltungsakte oder Entscheidungen von Gerichten nicht wirksam bekannt gegeben beziehungsweise zugestellt werden. Sollte Ihre Nachricht Entsprechendes beinhalten, ist eine Wiederholung der Übermittlung mittels Telefax oder auf dem Postwege unbedingt erforderlich.