Tierseuchenrechtliche Allgemeinverfügung zur Bekämpfung der Geflügelpest bei einem gehaltenen Vogel im Beobachtungsgebiet

27.12.2020

Aufgrund der Geflügelpest-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2018 (BGBl. I S. 1665, 2664) gibt das Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt des Landkreises Mittelsachsen (LÜVA) nachstehende Maßnahmen bekannt und verfügt:

1. In Mutzschen im Landkreis Leipzig ist am 25.12.2020 der Ausbruch der  Geflügelpest bei einem gehaltenen Vogel amtlich festgestellt worden.

2. Es wurde das Gebiet um den Seuchenbestand mit einem Radius von mindestens drei Kilometern als Sperrbezirk festgelegt. Dieser befindet sich komplett in den Landkreisen Leipzig und Nordsachsen.

3. Außerdem wurde um den Sperrbezirk ein Beobachtungsgebiet mit einem  gemeinsamen Radius von mindestens zehn Kilometer um den Seuchenbestand festgelegt. Das Beobachtungsgebiet umfasst folgende Teile des Landkreises Mittelsachsen:

von der Stadt Leisnig die Ortsteile: Beiersdorf, Bockelwitz, Börtewitz, Clennen, Dobernitz, Doberquitz, Doberschwitz, Fischendorf, Görnitz, Großpelsen, Hetzdorf, Kalthausen, Kleinpelsen, Korpitzsch, Kroptewitz, Leuterwitz, Naunhof, Nicollschwitz, Polditz, Polkenberg, Sitten, Zennewitz, Zeschwitz, Zschockau,

von der Gemeinde Großweitzschen der Ortsteil Strocken

Das Beobachtungsgebiet ist in dem folgenden Kartenausschnitt als äußere Linie mit      folgenden Grenzen dargestellt:

4. Für das Beobachtungsgebiet gilt Folgendes:

a. Jeder, der gehaltene Vögel (= Geflügel (= Hühner, Truthühner, Perlhühner,  Rebhühner, Fasane, Laufvögel, Wachteln, Enten und Gänse, die in Gefangenschaft aufgezogen oder gehalten werden) oder in Gefangenschaft gehaltene Vögel anderer  Arten (= andere gehaltene Vögel als das genannte Geflügel, ausgenommen Tauben)) hält, hat dies unverzüglich unter Angabe seines Namens, seiner Anschrift und der Art  und Anzahl des Geflügels, der Nutzungsart und ihres Standortes, bezogen auf die      jeweilige Art beim LÜVA anzuzeigen, sofern dies noch nicht erfolgt ist.

b. Jeder, der gehaltene Vögel hält, hat Verendungen sowie jede Änderung seiner Haltung unverzüglich dem LÜVA anzuzeigen

c. Jeder, der gehaltene Vögel hält, hat diese in geschlossenen Ställen oder unter einer Schutzvorrichtung (Vorrichtung, die aus einer überstehenden, nach oben gegen Einträge gesicherten dichten Abdeckung und mit einer gegen das Eindringen von Wildvögeln gesicherten Seitenbegrenzung stehen muss, wobei Netze oder Gitter, die zur Abdeckung nach oben genutzt werden, nur anerkannt werden, wenn ihre Maschenweite maximal 25 mm beträgt) zu halten. Ausnahmen sind durch das LÜVA genehmigungspflichtig und können nur in Abhängigkeit von der entsprechenden Tierseuchenlage erteilt werden.

d. Jeder, der gehaltene Vögel hält, hat diese nach näherer Weisung durch das LÜVA untersuchen zu lassen

e. Gehaltene Vögel, frisches Fleisch von Geflügel und Federwild, Eier sowie von Geflügel und Federwild stammende sonstige Erzeugnisse sowie tierische Nebenprodukte von Geflügel dürfen weder in einen noch aus einem Bestand verbracht werden. Ausnahmen vom Verbringungsverbot sind grundsätzlich, jedoch ausschließlich nach vorheriger Genehmigung und unter Auflagen durch das LÜVA bzw. der Landesdirektion Sachsen möglich für das Verbringen von: 

  i. Geflügel unmittelbar zur Schlachtung in eine vom LÜVA bezeichnete Schlachtstätte,

  ii. Legehennen oder Truthühner in einen Bestand im Inland,

 iii. Eintagsküken in einen Bestand im Inland oder einen anderen Mitgliedstaat,

 iv. in Gefangenschaft gehaltene Vögel anderer Arten, soweit sichergestellt ist, dass      diese Vögel nicht mit im Bestand gehaltenem Geflügel in Kontakt gekommen sind

  v. Bruteiern und Konsumeiern,

 vi. frischem Fleisch von Geflügel und Federwild sowie von aus diesem Fleisch       hergestelltem Hackfleisch, Separatorenfleisch, Fleischzubereitungen und Fleischerzeugnissen

vii. tierischen Nebenprodukten.

f. Ställe oder sonstige Standorte der gehaltenen Vögel dürfen von betriebsfremden Personen nur mit betriebseigener Schutzkleidung oder Einwegschutzkleidung betreten werden, die nach Verlassen des Stalles oder sonstiger Standorte unverzüglich abzulegen und zu reinigen bzw. unschädlich zu beseitigen ist.

g. Gehaltene Vögel dürfen zur Aufstockung des Wildvogelbestandes nicht frei gelassen werden. 

h. Die Durchführung von Geflügelausstellungen, Geflügelmärkten oder Veranstaltungen ähnlicher Art ist verboten.

i. Transportfahrzeuge und Behälter, mit denen gehaltene Vögel, frisches Fleisch von Geflügel, tierische Nebenprodukte von Geflügel, Futtermittel oder sonstige Materialien, die Träger des hochpathogenen aviären Influenzavirus sein können, befördert worden sind, sowie Fahrzeuge, mit denen ein Bestand mit gehaltenen Vögeln befahren worden ist, sind unverzüglich nach jeder Beförderung nach näherer Weisung durch das LÜVA zu reinigen und zu desinfizieren.

j. Federwild darf nur mit Genehmigung oder auf Anordnung durch das LÜVA Mittelsachsen gejagt werden.

k. Tot aufgefundene Wildvögel (hier: Wasser-, Greif- und Rabenvögel) sind dem LÜVA   unverzüglich zu melden.

5. Die Allgemeinverfügung tritt am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft.

6. Für diese Allgemeinverfügung werden keine Kosten erhoben.

                                                                  Begründung:

Das LÜVA des Landratsamtes Mittelsachsen ist sachlich und örtlich für den Erlass dieser amtlichen Anordnung zuständig (Artikel 138 (1) der VO (EU) Nr. 2017/625 i. V. m. § 24 (1) und (3) TierGesG i. V. m. § 1 (1), (2) und (6) SächsAGTierGesG bzw. § 3 (1) VwVfG i. V. m. § 1 SächsVwVfZG.

Die amtliche Anordnung in Form der Allgemeinverfügung richtet sich an Halter von und damit verantwortliche Personen für gehaltene Vögel und an Jagdausübungsberechtigte im genannten Beobachtungsgebiet.

Zu Ziffer 1 und 2:

Gemäß § 18 der Geflügelpest-Verordnung macht die zuständige Behörde den Ausbruch der Geflügelpest sowie den Zeitpunkt ihrer mutmaßlichen Einschleppung in den betroffenen Geflügelbestand oder die betroffene sonstige Vogelhaltung (Seuchenbestand) öffentlich bekannt. Aufgrund des Befundes 2020-01279 vom 25.12.2020 des FLI‘s war der Ausbruch der Geflügelpest bei einem gehaltenen Vogel nach    § 1 (1) Nr. 1 a GeflPestSchV durch den Landkreis Leipzig festzustellen. Ist Geflügelpest bei einem gehaltenen Vogel amtlich festgestellt, so legt die zuständige Behörde gemäß § 21 der Geflügelpes-Verordnung ein Gebiet um den Seuchenbestand mit einem Radius von mindestens drei Kilometern als Sperrbezirk fest.

Zu Ziffer 3 und 4:

Die Maßnahmen begründen sich in §§ 27 - 29 GeflPestSchV. Die Maßnahmen sind kraft Gesetz sofort vollziehbar (§ 37 TierGesG i. V. m. GeflPestSchV).

Die Anordnung der Aufstallung auch im Beobachtungsgebiet erfolgt nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 27 Abs. 5 i. V. m. § 21 Abs. 2 GeflPestSchV). Aufgrund der zurzeit plausibelsten Eintragshypothese erfolgte der Eintrag über durch Wildvögel virus-kontaminiertes Material in die Geflügelhaltung des betroffenen Betriebs.

Seit Ende Oktober 2020 sind mehr als 450 Fälle von HPAI-Virus H5-Infektionen bei Wildvögeln und bislang 16 Ausbrüche bei gehaltenem Geflügel überwiegend in Norddeutschland festgestellt worden, wobei die Dynamik des Ausbruchsgeschehens mit Nachweisen von HPAI-Infektionen in Mittel- und Süddeutschland belegt ist. In Sachsen selbst war bei einer Wildente in der Stadt Torgau mit Befund vom 19.11.2020 eine Infektion mit dem HPAI-Virus H5N8 nachgewiesen worden. Das Risiko der Ausbreitung in Wasservogelpopulationen und damit auch des Eintrags in Geflügelhaltungen wird gemäß der Risikoeinschätzung des FLI zum Auftreten von HPAI-Virus H5 in Deutschland derzeit als hoch eingestuft. Niedrige Temperaturen im Winter stabilisieren die Infektiosität von Influenzaviren in der Umwelt. Wenn sich die in ihre Winterquartiere ziehenden Wasservögel in hoher Zahl sammeln und vermischen, werden Virusübertragungen zwischen Wildvögeln und somit die Verbreitung der Viren begünstigt. Überall dort, wo Kontaktmöglichkeiten zwischen Wildvögeln, insbesondere Wasservögeln, und Hausgeflügel bestehen oder Flächen, Futtermittel und Einstreumaterial durch infizierte Wildvögel kontaminiert werden, können Infektionen bei gehaltenem Geflügel eingetragen werden und somit neue Infektionsquellen entstehen. Aber auch über Aas fressende Vögel, die infizierte Tiere aufgenommen haben, ist eine Virusverbreitung innerhalb ihres Bewegungsradius und über Umweltkontamination möglich.

Es ist derzeit von einem vergleichsweise hohen Erregerdruck in der Wildvogelpopulation auszugehen. Um weiteren Einträgen dieser unbekannten Wildvogelgruppe in Freilandhaltungen vorzubeugen und in Anbetracht der lokalen Wildvogelruhegebiete auf den umgebenden Feldern und Seen und der Wildvogelbewegungen, erscheint eine Begrenzung der Aufstallungspflicht auf den Sperrbezirk als unzureichend und muss, auch um die Lage klären zu können, entsprechend ausgedehnt werden.

Der Erlass von Einzelverfügungen ist infolge des großen Adressatenkreises nicht verhältnismäßig. Eine Anhörung der Beteiligten unterbleibt gemäß § 28 (2) Nr. 4 VwVfG.

Die angeordneten Punkte und Maßnahmen sind erforderlich, dabei aber zugleich geeignet, die Ausbreitung der Geflügelpest zum derzeitigen Kenntnisstand wirksam zu verhindern und die Seuche zu bekämpfen. In Anbetracht der besonderen Bedeutung der Geflügelpest für Vögel/Geflügel und aufgrund des grundsätzlichen Zoonosecharakters auch für den Menschen sind sie dennoch angemessen.

Zu Ziffer 5:

Auf Grundlage der §§ 41 Abs. 4 Satz 4, 43 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz kann als Zeitpunkt der Bekanntgabe und damit des Inkrafttretens einer Allgemeinverfügung der Tag, der auf die Bekanntmachung folgt, festgelegt werden. Von dieser Möglichkeit hat das Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt zur Verhütung der Weiterverbreitung der Geflügelpest Gebrauch gemacht.

                                                                                  III.

Die Nichterhebung von Kosten beruht auf § 3 Abs. 1 Pkt. 3 SächsVwKG. Diese Amtshandlung wird im öffentlichen Interesse von Amts wegen vorgenommen.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach ihrer Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Landratsamt Mittelsachsen, Frauensteiner Straße 43, 09599 Freiberg einzulegen.

Die Schriftform kann durch die elektronische Form ersetzt werden. In diesem Fall ist das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen. Die Signierung mit einem Pseudonym, das die Identifizierung des Signaturschlüsselinhabers nicht ermöglicht, ist nicht zulässig.

Die Zugangseröffnung für elektronische Übermittlung erfolgt über die E-Mail-Adresse egov@landkreis-mittelsachsen.de.

Hinweis: Weitere Einzelheiten zum Zugang für elektronisch signierte sowie verschlüsselte elektronische Dokumente sind zu finden auf der Internet-Seite des Landkreises Mittelsachsen, dort unter Impressum bzw. unter 

http://www.landkreis-mittelsachsen.de/impressum.html

Die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs entfällt jedoch gemäß § 37 TierGesG.

Diese Allgemeinverfügung gilt am Tag nach der Veröffentlichung in der elektronischen Ausgabe des Amtsblattes als bekanntgegeben.

Mittweida, den 27. Dezember 2020

gez. Dr. Markus Richter

Amtstierarzt

Diese Allgemeinverfügung kann unter https://www.landkreis-mittelsachsen.de/amtsblatt eingesehen werden.