Elektronische Ausgabe des Amtsblattes des Landkreises Mittelsachsen

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Herausgeber: Landratsamt Mittelsachsen
Redaktion: Landratsamt Mittelsachsen, Pressestelle
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Ausgabe 02/2024e vom 07. Januar 2024 mit

Öffentliche Bekanntmachung


Bekanntmachung des Landratsamtes Mittelsachsen vom 07.01.2024


Auf Grund der §§ 15 Abs. 1 und 32 Abs. 1, 33 Abs. 1 Sächsisches Versammlungsgesetz (SächsVersG) vom 25. Januar 2012 (SächsGVBl. S. 54), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 11. Mai 2019 (SächsGVBl. S. 358) geändert worden ist, erlässt das Landratsamt Mittelsachsen folgende

Allgemeinverfügung

Für den Zeitraum vom

08.01.2024, 00:00 Uhr bis 15.01.2024, 24:00 Uhr

werden für die Durchführung von Versammlungen, welche die Thematik „Bauernproteste“ oder „Generalstreik“ betreffen,

folgende Beschränkungen erlassen, wobei vorab der Hinweis ergeht, dass diese Allgemeinverfügung sich an alle richtet, die auf dem Gebiet des Landkreises Mittelsachsen im oben angegebenen Zeitraum eine unter § 1 SächsVersG fallende Handlung (Protestaktion, Demonstration, Kundgebung, Aufzug) durchführen wollen und denen gegenüber kein Bescheid gemäß § 15 SächsVersG bis zum Datum der Bekanntgabe dieser Allgemeinverfügung erlassen worden ist.

1.           

Durchführung von Versammlungen

a.           

Für jede Versammlung ist ein Versammlungsleiter zu benennen.

Der Versammlungsleiter hat ständig vor Ort anwesend und für die Polizei und die Versammlungsbehörde jederzeit erreichbar zu sein. Der Versammlungsleiter meldet sich vor Beginn der Veranstaltung bei den Polizeibeamten, um evtl. Absprachen zu treffen.

Zu Beginn der Veranstaltung sind durch den Versammlungsleiter den Versammlungsteilnehmern die Beschränkungen in geeigneter Weise bekannt zu geben und erforderlichenfalls auf die bei Zuwiderhandlung mögliche Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens (§ 30 SächsVersG) hinzuweisen.

Er hat dafür Sorge zu tragen, dass alle Beschränkungen strikt eingehalten und durchgesetzt werden. Seine Anweisungen müssen jederzeit alle Teilnehmer der Veranstaltung erreichen können. Er muss darauf hinweisen, dass nicht zu strafbaren Handlungen aufgerufen werden darf.

b.           

Der Einsatz von Lautsprechertechnik ist mit einer Lautstärke gestattet, die es ermöglicht, das gesprochene Wort im Versammlungsraum und angrenzend zu vernehmen.

Das Abspielen von Sirenentönen ist untersagt.

c.           

Der Versammlungsleiter hat den Teilnehmern den Schluss der Veranstaltung bekannt zu geben.

2.           

Durchführung von Versammlungen im Bereich der Bundesautobahnanschlussstellen (Blockade von Auffahrten)

a.           

Eine über die Blockade von Autobahnauffahrten hinausgehende Blockade, wie beispielsweise von Abfahrten oder der Autobahn in Gänze, ist untersagt.

b.           

Die Blockade von Zubringerstraßen zu den Autobahnen im räumlichen Zusammenhang zu Anschlussstellen ist untersagt.

Die Zufahrt zu den Zubringerstraßen ist jederzeit zu gewährleisten.

c.           

Die Blockaden sind jede Stunde für 20 Minuten aufzuheben. Die Polizei kann vor Ort abweichende Festlegungen treffen, sofern die Verkehrssituation dies erfordert oder zulässt.

3.           

Durchführung von Versammlungen auf Straßen (Blockade von Straßen)

a.           

Die Blockaden sind jede Stunde für 20 Minuten aufzuheben. Die Polizei kann vor Ort abweichende Festlegungen treffen, sofern die Verkehrssituation dies erfordert oder zulässt.

b.           

Die Blockaden von Straßen sind so zu gestalten, dass Rettungswege für Einsatzfahrzeuge jederzeit ohne Verzögerungen befahrbar bleiben. Das bedeutet, dass Einsatzfahrzeugen das Passieren der Blockade und des durch die Blockade entstandenen Rückstaus jederzeit ungehindert möglich sein muss.

4.           

Durchführung von Autokorsos

a.           

Plakate und Banner werden innen im Fahrzeug angebracht. Sie dürfen die notwendige Sicht des Fahrers nicht behindern und andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährden. Fahnen dürfen nicht an Fahnenstangen aus dem Fahrzeug gehalten werden.

b.           

Das Betätigen von Schallzeichen ("Hupen") sowie das Verwenden von gelben Rundumleuchten wird untersagt.

c.           

Während der gesamten Veranstaltung haben sich die Teilnehmer an die Regelungen der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) und des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) zu halten.

Während der Versammlung fahren die Fahrzeuge gemäß § 27 StVO im Verband. Der Kfz-Verband ist als solcher zu kennzeichnen. Dazu sind entsprechende Hinweisschilder (mindestens DIN A4) innen auf den hinteren Seitenscheiben sowie im Bereich der Armatur zu befestigen. Der Kennzeichnung teilnehmender Zweiräder wird genüge getan, wenn der Fahrer/Sozius mit einer handelsüblichen Warnweste und ggf. darauf befestigt die auch an den anderen Kfz angebrachten Hinweisschilder (z. B. DIN A4 Zettel mit Aufschrift oder Bildern) verwendet. Diese müssen dann gegen Herabfallen/Abreißen gesichert sein. Weiterhin haben alle Teilnehmer während der Versammlung die Warnblinkanlage einzuschalten.

Der Verband fährt mit einer Richtgeschwindigkeit von 30 km/h innerorts und 60 km/h außerorts. Wenn die Länge des Verbands dies erfordert, sind in angemessenen Abständen Zwischenräume für den übrigen Verkehr frei zu lassen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn aufgrund der Länge des Verbands die Beeinträchtigungen ein erträgliches Maß übersteigen und andere Verkehrsteilnehmer unzumutbar lang an der Weiterfahrt bzw. Durchquerung gehindert werden.

d.           

Durch den Versammlungsleiter sind während der Versammlung 1 Ordner in jedem zehnten Fahrzeug einzusetzen.

5.           

Durchführung von Versammlungen im Bereich der Bundesautobahn (Autokorsos)

Das Durchführen von Autokorsos auf der Bundesautobahn wird untersagt.

6.           

Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1. bis 5. wird angeordnet.

7.

Diese Allgemeinverfügung gilt am Tag nach ihrer Bekanntmachung als bekannt gegeben. Sie tritt daher am Tag nach ihrer Bekanntmachung, also am 08.01.2024 um 0 Uhr, in Kraft.

Hinweise:

Gemäß § 15 Abs. 3 SächsVersG kann eine Versammlung oder ein Aufzug aufgelöst werden, wenn

1.           

eine anzeigepflichtige Versammlung oder ein anzeigepflichtiger Aufzug nicht angezeigt wurde, wenn von den Angaben der Anzeige abgewichen oder den Beschränkungen zuwidergehandelt wird und eine Fortsetzung der Versammlung oder des Aufzuges zu einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit führen würde oder

2.           

die Voraussetzungen für ein Verbot nach Absatz 1 oder 2 vorliegen.

Nach § 26 SächsVersG macht sich strafbar, wer als Leiter einer öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel oder eines Aufzuges (Nr. 1) die Versammlung oder den Aufzug wesentlich anders durchführt, als der Veranstalter bei der Anzeige angegeben hat oder (Nr. 2) Beschränkungen nach § 15 Abs. 1 oder 2 SächsVersG nicht nachkommt.

Bei Zuwiderhandlungen gegen versammlungsrechtliche Beschränkungen der Versammlungsbehörde oder Polizei durch Versammlungsteilnehmer, kann gegen diese Personen die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 SächsVersG erfolgen.

Auf den Straftatbestand der Nötigung gemäß § 240 StGB bei Durchführung einer Blockade unter Missachtung der Vorgaben dieser Allgemeinverfügung wird verwiesen.

Auf die weiteren Straftatbestände und Ordnungswidrigkeitentatbestände, insbesondere bei Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs, wird ebenfalls verwiesen.

Begründung:

I.

In recht kurzen Abständen kommt es seit Jahresbeginn im Landkreis Mittelsachsen zu einer dynamischen Lage im Zuge von bevorstehenden Protestaktionen, insbesondere an Zufahrten zu Bundesautobahnen und elementaren Verkehrsknotenpunkten. Nach spontanen Aktionen vor Weihnachten, die kurzfristig telefonisch bei der Polizei angezeigt wurden, wurden für die in der 2. Kalenderwoche vorgesehenen Aktionen Versammlungsleiter benannt, die die organisatorische Verantwortung übernehmen und mit den Behörden grundsätzlich kooperieren.

Die Ausgangslage dieser Proteste lässt sich auf den Umstand zurückführen, dass die Bundesregierung geplant hat, die Vergünstigungen beim Agrardiesel und die Befreiung von der Kfz-Steuer für land- und forstwirtschaftliche Maschinen zu streichen. Diesbezüglich sind bundesweite Protestaktionen angekündigt und zu erwarten. Insbesondere sind dabei die Zufahrten von Bundesautobahnen betroffen.

Der Versammlungsbehörde liegen jedoch Aufrufe und Ankündigungen aus den Sozialen Medien vor, dass es weitere Blockaden an wesentlichen Verkehrsknotenpunkten sowie zentral in den Städten und Gemeinden, teils schon ab 04.00 Uhr, geben soll. Ebenfalls ist diesen Hinweisen zu entnehmen, dass es den Teilnehmern und Organisatoren darum geht, den Straßenverkehr und damit auch das öffentliche Leben stillzulegen. Damit soll gezeigt werden, wie sehr die Gesellschaft und das öffentliche Leben von Transporten und landwirtschaftlicher Produktion abhängig ist, wie das gesellschaftliche Leben aussehen kann, wenn die Regierung „falsche“ Entscheidungen trifft („die Ampel ist kaputt“) und die Menschen sich selbst organisieren müssen, da die Regierung dies nicht tue („keine Verkehrsregulierung mehr durch Ampelanlagen“).

Auch sollen Zulieferwege für Großunternehmen blockiert werden, da die geplanten und umgesetzten Kürzungen diese gerade nicht treffen und diese nun „spüren sollen, wie es ist, wenn man kein Geld mehr verdienen kann“). Die Organisatoren sind nur teilweise identifizierbar. Neben Landwirten und Spediteuren erfolgen Aufrufe auch durch die Partei „Freie Sachsen“ und Organisatoren von montäglichen Versammlungen im Kreisgebiet.

Dem Landratsamt Mittelsachsen sind Protestaktionen bislang für den 08.01.2024 bis 12.01.2024 angezeigt worden. Bundesweit wurde durch den Deutschen Bauernverband jedoch zu einer Protestwoche,

d. h. bis voraussichtlich 15.01.2024, aufgerufen:

„Der Deutsche Bauernverband ruft gemeinsam mit den Landesbauernverbänden und LsV-Deutschland ab dem 8. Januar 2024 zu einer Aktionswoche auf.

Gemeinsam wollen wir weiter gegen die geplante Streichung des Agrardiesels und der Kfz-Steuerbefreiung protestieren. Wir beginnen am 08.01. mit angemessenen Demonstrationen und Aktionen im ganzen Land. Der Rückhalt in der Bevölkerung ist großartig, enorm wichtig und muss noch weiter bestärkt werden. Infos zu den geplanten Aktionen vor Ort erhalten Sie bei den Landes- und Kreisbauernverbänden sowie LsV-Gruppen.

Der Protest wird am 15. Januar 2024 mit einer Großdemonstration in die Hauptstadt getragen. Alle weiteren Infos zur Großdemonstration folgen.“

(Quelle: www.bauernverband.de/topartikel/aktionswoche-zu-agrardiesel-und-kfz- steuerbefreiung).

Im Hinblick auf den deutschlandweiten Aufruf ist für den 08.01.2024 und ebenso die folgenden Tage von einem einheitlichen Versammlungsgeschehen auszugehen. Dafür sprechen die unter einheitlichen Thematiken und Mottos angezeigten Versammlungen und Aufzüge sowie Aufrufe zu unterstützenden und flankierenden Demonstrationen.

Es ist davon auszugehen, dass in Folge der bundesweiten Proteste andere, für die Behörden namentlich unbekannte bzw. gegenüber der Behörde noch nicht als Anmelder in Erscheinung getretene Akteure zu weiteren Protestaktionen aufrufen und diese durchführen. Die Versammlungslagen in umliegenden Landkreisen und kreisfreien Städten im Freistaat Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt sind ähnlich, wodurch sich insgesamt eine unklare Großversammlungslage ergibt. Hinsichtlich der zeitlichen Dimension bestehen Unterschiede. Der überwiegende Teil der angezeigten Versammlungen soll im Zeitraum von 5:00 Uhr bis 17:00 Uhr stattfinden. In den Nachbarlandkreisen und Kreisfreien Städten gibt es Abweichungen. So sollen die Proteste in Chemnitz von 06:00 Uhr bis 18:00 Uhr stattfinden. Weiterhin werden über Soziale Medien oder auch durch die Kommunikation in den jeweiligen Gemeinden weitere kleine Aktionen bekannt, welche nicht konkret erfassbar sind und sich möglicherweise sehr kurzfristig ergeben können.

Im Zuge dieser geplanten Protestaktionen zur Inanspruchnahme von öffentlichem Straßenraum, insbesondere der Zu- und Abfahrten der Bundesautobahnen BAB 4, BAB 14 und der BAB 72 sowie Kreuzungen wurden zur Erstellung einer Gefahrenprognose Stellungnahmen der zuständigen Polizeireviere, der Polizeidirektion Chemnitz, des Aufgabenträgers für den Rettungsdienst und des Straßenverkehrsamtes eingeholt.

Im Hinblick auf die sich aktuell gerade umstellende Wetterlage mit wahrscheinlichem Schneefall und Minusgraden ab Sonntag, den 07.01.2024 sowie weiterhin anhaltender Minusgrade am 08.01.2024 ist der Einsatz des Winterdienstes im Landkreis Mittelsachsen sehr wahrscheinlich, der regulär in der Zeit zwischen 3:00 Uhr und 22:00 Uhr stattfindet. Bei entsprechender Wetterlage und Erforderlichkeit, vor allem bei starkem Schneefall, ist ein durchgängiger Dienst üblich. Die Fahrzeuge benötigen dafür eine Durchfahrtsbreite von mindestens 3,50 m, besser 4 m. Ebenso muss eine Rückkehr in die Straßenmeistereien zum Nachladen von Streugut möglich sein.

Auch für den Winterdienst auf den Bundesautobahnen muss die Zufahrt auf die Autobahnen sichergestellt sein.

Es ist als erforderlich anzusehen, dass sämtliche Blockaden auf BAB-Zufahrten, Bundes-, Staats-, Kreis- und Ortsstraßen so durchgeführt werden müssen, dass eine Befahrung für Fahrzeuge des Rettungsdienstes, Polizei, Feuerwehr und des Katastrophenschutzes bei Verwendung von Sonder- und Wegerechten unverzüglich mit einer Mindestdurchfahrtsbreite von 3,50 Meter zu gewährleisten ist. Das Wegfahren eines Fahrzeugs bei Bedarf ist keine Option.

Die Stellungnahme der Autobahn GmbH des Bundes bringt diesbezüglich zum Ausdruck, dass Autobahnen von ihrer Zweckbestimmung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Bundesfernstraßengesetz dem weiträumigen Verkehr dienen. Sie sind nur für den Schnellverkehr mit Kraftfahrzeugen bestimmt (motorisierter Individual- und Wirtschaftsverkehr). Die Nutzung dieser Straßen soll nach ihrer Zwecksetzung vorwiegend zu Verkehrszwecken zur Verfügung stehen und nicht in gleichem Maße wie etwa innerörtliche Straßen und Plätze für eine ein kommunikatives Anliegen verfolgende Versammlung genutzt werden. Insbesondere bei einer etwaigen Nutzung von Traktoren ergibt sich eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit jedenfalls daraus, dass es sich bei Traktoren um landwirtschaftliche Großgeräte handelt, die für den Verkehr auf Autobahnen nicht zugelassen sind und von denen ein erhebliches Gefahrenpotential für unmittelbar davor und dahinter befindlichen Versammlungsteilnehmer ausgeht. Dieses Gefahrenpotential übersteigt dasjenige eines „normalen“ Fahrzeugs um ein Vielfaches. Dies gelte umso mehr im Rahmen eines sich fortbewegenden Demonstrationsaufzugs mit erheblicher Personenzahl sowie einem potentiell dynamischen Versammlungsablauf. Hierbei wären insbesondere die Größe dieser Fahrzeuge und die sich hieraus ergebenden Sichtbeschränkungen auf den unmittelbaren Nahbereich, aber auch deren Gewicht und sonstige Verletzungsrisiken (bspw. an scharfkantigen Fahrzeugteilen) in den Blick zu nehmen (vgl. VG Aachen, Beschl. v. 13.01.2023, Az. 6 L 35/23). Zudem sind auch die begrenzten örtlichen Gegebenheiten, fehlenden Wendemöglichkeiten und die sich hieraus ergebenden unmittelbaren Gefahren für Leib und Leben der Versammlungsteilnehmer aber auch dritter Verkehrsteilnehmer zu berücksichtigen. Zudem wird angemerkt, dass durch die Sperrung der Anschlussstellen den gesetzlichen Winterdienstpflichten nicht mehr nachkommen werden kann.

Zudem wurde ein Autokorso angezeigt, an dem auch Traktoren beteiligt sein könnten.

Es wurden soweit als möglich –telefonisch und mittels Videoschaltkonferenz- Kooperationsgespräche durch die Versammlungsbehörde mit den Veranstaltern geführt. In diesen wurde durch die meisten Veranstalter angegeben, dass man Rettungsdienste, Pflegepersonal, Schülerbeförderungsverkehr und Dialysetransporte passieren lassen wolle. Auch sei die Blockade von Autobahnausfahrten und der Autobahn selbst nicht erwünscht. Dennoch wurde als Ziel genannt, den gesamten Verkehr „lahm zu legen“.

Alternative Routen für die auf der Autobahn angemeldeten Autokorso wurden hingegen abgelehnt. Auch wurde durch die Veranstalter darauf verwiesen, dass ein Ausschluss von Traktoren und anderen, nicht für Fernstraßen zugelassenen Fahrzeugen, bei den Autokorsos nicht umzusetzen ist. Ganz besonders soll auch die Großwirtschaft eingeschränkt werden, um auf die Situation des Mittelstandes aufmerksam zu machen. Bei einer Untersagung von Versammlungen sei dennoch von Protesten auszugehen, da diese nicht zu stoppen seien.

Seitens der Versammlungsbehörde wird unter Berücksichtigung der anzustellenden Rechtsgüterabwägung angestrebt, dass die Blockade temporär in Abstimmung mit dem Polizeivollzugsdienst vor Ort bzw. in einer zeitlichen Taktung für ein kurzes Zeitfenster geöffnet wird, um den Verkehr durchzulassen. Die Versammlungsbehörde merkte an, dass die anderen Verkehrsteilnehmer im Versammlungsrecht Berücksichtigung finden müssen und der Verkehrsfluss zumindest zeit- und teilweise gewährleistet sein muss.

Insbesondere Rettungsfahrzeuge müssen an den Blockadestellen zu jeder Zeit ungehindert durchgelassen werden. Das umgehende Durchlassen der Rettungsfahrzeuge und des Winterdienstes muss jeweils vor Ort organisiert werden und auch technisch umsetzbar sein. Auf die Strafbarkeit von Blockaden und den Grenzen des Schutzes durch das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit werden die Veranstalter hiermit hingewiesen.

Die Polizei bittet die Veranstalter zudem darum, vor Ort auf die Beamten zuzugehen und sich aktiv abzustimmen, um vor allem Gefahren für Leib und Leben zu verhindern. Hierzu wurde überwiegend Einvernehmen erzielt. Dabei zeichnete sich zum Teil ab, dass die Veranstalter das Versammlungsgeschehen nicht mehr kontrollieren können und sich eine Eigendynamik bezüglich der sich an die Proteste anschließenden Berufsgruppen und Privatpersonen entwickelt. Durch die Veranstalter ist überwiegend die Anzahl der teilnehmenden Fahrzeuge nicht mehr benennbar bzw. überschaubar.

II.

Gemäß § 15 Abs. 1 SächsVersG kann die zuständige Behörde die Veranstaltung verbieten oder von Beschränkungen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei Durchführung der Versammlung gefährdet ist.

Wegen der besonderen Bedeutung der grundrechtlich verbürgten Versammlungsfreiheit durch Art. 8 Grundgesetz (GG) für die Funktionsfähigkeit der Demokratie darf ihre Ausübung nur zum Schutz gleichwertiger anderer Rechtsgüter unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes begrenzt werden.

Die Versammlungsfreiheit hat nur dann zurückzutreten, wenn eine Güterabwägung unter Berücksichtigung der Bedeutung des Freiheitsrechtes ergibt, dass dies zum Schutz anderer gleichwertiger Rechtsgüter erforderlich ist (BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 – 1 BvR 233, 341/81 -, BVerfGE 69, 316).

Nach allgemeiner Rechtsauffassung umfasst die öffentliche Sicherheit den Schutz zentraler Rechtsgüter, wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen.

Unter der öffentlichen Ordnung wird die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln verstanden, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzungen eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebietes angesehen wird.

Unter Gefahr ist eine Sachlage zu verstehen, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit zu einem Schaden führt. Von einer unmittelbaren Gefährdung ist dann auszugehen, wenn der drohende Schadenseintritt so nahe ist, dass er jederzeit eintreten kann.

Bei der Inanspruchnahme von öffentlichem Straßenraum durch Versammlungen, ist seitens der Versammlungsbehörde in Ansehung aller Umstände des Einzelfalles konkret abwägen, welche Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs zu Gunsten der Versammlungsfreiheit und welche Einschränkungen der Versammlungsfreiheit zu Gunsten des Straßenverkehrs als angemessen hingenommen werden müssen. Dabei darf die Versammlungsbehörde auch den Widmungszweck der für die Veranstaltung vorgesehenen öffentlichen Straße oder Fläche in Rechnung stellen. Auch Bundesfernstraßen sind, obwohl sie von ihrem eingeschränkten Widmungszweck her anders als andere öffentliche Verkehrsflächen nicht der Kommunikation dienen, sondern ausschließlich dem Fahrzeugverkehr, nicht generell ein „versammlungsfreier Raum“ (OVG NW, B. v. 30.1.2017 - 15 A 296/16 - juris Rn. 17, 19; HessVGH, B. v. 30.10.2020 - 2 B 2655/20 - juris Rn. 6; B. v. 9.8.2013 - 2 B1740/13 - juris).

Zu berücksichtigen ist aber, dass jedenfalls Verkehrsinteressen im Rahmen von versammlungsrechtlichen Anforderungen nach § 15 Abs. 1 SächsVersG erhebliche Bedeutung beigemessen werden darf (HessVGH, B. v. 30.10.2020 - 2 B 2655/20 - juris Rn. 6 für Bundesautobahnen; VGH BW, B. v. 16.07.2022 – 9 S 1561/22). Das Interesse der Veranstalter und der Versammlungsteilnehmer an der ungehinderten Nutzung einer Bundesfernstraße hat je nach Lage der Dinge hinter die Belange der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zurückzutreten (vgl. hierzu auch OVG Bautzen, Beschluss vom 8. Oktober 2021, Az. 6 B 376/21; VG Ansbach, Beschluss vom 23. August 2021, Az. AN 4 S 21.01552; VG Frankfurt, Beschluss vom 3. September 2021, Az. 5 L 2467/21.F). Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob es sich nach § 1 Abs. 3 Bundesfernstraßengesetz (FStrG) um eine nur für den Schnellverkehr von Kraftfahrzeugen bestimmte Bundesautobahn handelt oder (nur) um eine Bundesstraße (OVG NW, B. v. 30.1.2017 - 15 A 296/16 - juris Rn. 19).

Die Einstufung einer Straße als Bundesautobahn oder Bundesstraße entscheidet mit anderen Worten nicht darüber, ob auf dieser Straße grundsätzlich eine Versammlung stattfinden darf und entbindet Versammlungsbehörden und Gerichte nicht von einer Güterabwägung. Sie entfaltet allenfalls Indizwirkung für das Gewicht der gegen eine Versammlung sprechenden Interessen der Öffentlichkeit oder Dritter (BayVGH, B. v. 4.6.2021 – 10 CS 21.1590 – juris Rn. 21).

Bei der im konkreten Einzelfall vorzunehmenden Abwägung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit und der betroffenen Rechtsgüter (neben der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs auch die Individualgrundrecht des Rechtes am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sowie der allgemeinen Handlungsfreiheit) ist auch zu berücksichtigen, wie eng der thematische Bezug der Veranstaltung zur Autobahn ist und in welchem Umfang eine aufnahmefähige Ausweichstrecke zur Verfügung steht.

Der zeitliche Geltungsbereich begründet sich in der angekündigten Protestwoche, die nach den Verlautbarungen bis zum 15. Januar andauern soll.

Der räumliche Geltungsbereich ergibt sich aus den flächendeckenden Protesten über das gesamte Kreisgebiet und darüber hinaus.

Zu Nr. 1 a.- Versammlungsleiter

Die Beschränkungen konkretisieren die allgemeine Rechtspflicht des verantwortlichen Leiters, für die Dauer der Veranstaltung für Ordnung zu sorgen.

Neben der Unterbindung und Verhinderung von Störungen, die aus dem Verhalten von Teilnehmern resultieren, hat der Leiter auch organisatorische Voraussetzungen für den störungsfreien Ablauf der Veranstaltung zu schaffen.

Er hat den friedlichen Ablauf der Veranstaltung, so wie er es selbst vorgesehen hat oder wie es durch beschränkende Verfügung der zuständigen Behörde verlangt wird, sicherzustellen. Er hat die Teilnehmer gegen Gefahren aus der Veranstaltung und die Öffentlichkeit gegen Gefahren durch die Veranstaltung zu schützen.

Der Leiter ist auch Gesprächspartner des polizeilichen Einsatzleiters. Er steht für Fragen bezüglich des Ablaufs und zum Schutze der Versammlungsteilnehmer zur Verfügung und muss somit jederzeit erreichbar sein.

Zu Nr. 1 b.- Lautstärke

Die Begrenzung der Lautstärke, sowie der Ausrichtung von Lautsprechern ist verhältnismäßig.

Die Benutzung von Verstärkeranlagen gehört als Ausfluss des Rechts auf freie Meinungsäußerung dann zum Bestandteil des Versammlungsrechts, wenn die Versammlung ohne eine solche Verstärkungsmöglichkeit nicht durchgeführt werden könnte.

Abzuwägen ist einerseits das Interesse des Versammlungsveranstalters an einer möglichst weitreichenden Meinungsverbreitung und andererseits das Interesse insbesondere derjenigen Personen, die im Versammlungsbereich wohnen, arbeiten oder aber sich dort aus anderen Gründen aufhalten und nicht an der Versammlungsthematik interessiert sind.

Durch die Ausrichtung der Lautsprecher auf die Versammlungsteilnehmer, welche im Kern Ziel der Kundgebung sind, wird zum einen gewährleistet, dass diese die in der Kundgebung vermittelten Informationen aufnehmen können, zum anderen dass diese Inhalte auch unbeteiligte Personen außerhalb der Versammlung zwar erreichen, die mögliche Beeinträchtigung des Umfelds aber auf ein vertretbares Minimum reduziert wird.

Erforderlich ist daneben, die Lautstärke so zu begrenzen, dass sowohl Teilnehmer als auch interessierte Passanten erreicht werden können, gleichwohl aber die Anwohnerinteressen, der Arbeitsschutz der eingesetzten Polizeibeamten sowie der Schutz von Teilnehmern und Passanten vor einer übermäßigen oder auch gesundheitsgefährdenden Lärmeinwirkung gewahrt werden. Insofern ist eine Begrenzung der Lautstärke notwendig. Somit wird den Interessen der Versammlung, neben den Teilnehmern auch Dritte zu erreichen, Rechnung getragen. Um die Anwohner dennoch vor einer Lärmbeeinträchtigung weitestgehend zu schützen, sind die Lautsprecher nicht nach außen, sondern in Richtung der Teilnehmer auszurichten.

Eine maßvolle Begrenzung des Lärmpegels ist auch geeignet, um zu gewährleisten, dass die Versammlung ihr Anliegen ausreichend nach außen tragen kann.

Gleichzeitig werden durch die Beschränkung der Arbeitsschutz der eingesetzten Polizeibeamten sowie der Schutz von Teilnehmern und Passanten vor einer übermäßigen oder auch gesundheitsgefährdenden Lärmeinwirkung gewahrt.

Das Verbot des Abspielens von Sirenentönen ist begründet und verhältnismäßig.

Der Einsatz solcher Mittel ist den Brand- und Katastrophenschutzbehörden der Länder vorbehalten. Das Abspielen von Sirenentönen kann durch die Bevölkerung als echter Alarm missverstanden werden und Beunruhigung in der Bevölkerung sowie eine erhöhte Nachfrage bei den Rettungsleitstellen auslösen, welches diese in der Entgegennahme von tatsächlichen Notrufen beschränkt.

Werden solche Alarmierungsmittel zu anderen Zwecken als dem zivilen Brand- und Katastrophenschutz eingesetzt, kann dies einen Vertrauensverlust in die Richtigkeit solcher Alarmierungen und/oder einen Fehleinsatz der entsprechenden Brand- und Katastrophenschutzeinheiten zur Folge haben (vgl. Beschluss VG Kassel v. 08.02.2019, AZ. 6 L 288/19.KS).

Aufgrund der bereits vorhandenen Verunsicherung der Bevölkerung, insbesondere mit Blick auf die flächendeckenden Proteste, ist von einer erhöhten Beunruhigung durch die Verwendung von Sirenentönen auszugehen. Die Vielzahl der angezeigten und erwarteten Proteste würde bei der Verwendung von Sirenentönen zu Unsicherheiten, aber auch zu einer einschüchternden Wirkung in Bezug auf die Sicherheitslage führen. Auch ist bei der Entscheidung zu beachten, dass die Verwendung von Sirenentönen in keinem Zusammenhang zum angezeigten Motto steht und das Bedürfnis, diese zu verwenden, entsprechend gering ist.

Zu Nr. 1 c.- Beendigung der Versammlung

Die Versammlungsteilnehmer stehen während der Versammlung unter dem besonderen Schutz des Art. 8 GG. Zudem bestimmen sich auch die Eingriffsrechte der Polizei nach den Vorgaben des Art. 8 GG und des SächsVersG. Mithin ist es unerlässlich, dass der Versammlungsleiter bekannt gibt, wann dieser Schutz entfällt.

Auch für die geordnete und koordinierte Abfahrt der Teilnehmer von den jeweiligen Versammlungsorten ist es zwingend notwendig, dass die Beendigung allen Teilnehmern bekannt gegeben wird. Dabei obliegt es dem Veranstalter bzw. Versammlungsleiter im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit, wann er seine Versammlung als beendet ansieht.

Zu Nr. 2 a.- Untersagung von Blockaden, die über die Auffahrten hinausgehen

Es fehlt an einem hinreichenden Bezug der Nutzung der Autobahn als Versammlungsort und dem mit der angezeigten Versammlung verfolgten Ziel.

Im Rahmen der Abwägung ist zu berücksichtigen, ob und wie weit die Wahl des Versammlungsortes und die konkrete Ausgestaltung der Versammlung sowie die von ihr betroffenen Personen einen Bezug zum Versammlungsthema haben (BayVGH, B. v. 4.6.2021 – 10 CS 21.1590 – juris Rn. 20; B. v. 13.11.2020 - 10 CS 20.2655 - juris Rn. 22; HessVGH, B. v. 30.10.2020 - 2 B 2655/20 - juris Rn. 5 unter Verweis auf BVerfG, B. v. 24.10.2001 − 1 BvR 1190/90 − BVerfGE 104, 92 - juris Rn. 64).

Eine Autobahn kann daher nur dann für eine Versammlung Verwendung finden, wenn eine direkte Verbindung zwischen dieser Nutzung und dem mit der Versammlung verfolgten Ziel, d. h. dem Versammlungsmotto, besteht (z. B. Protest gegen den Ausbau der Autobahn oder gegen die von der Autobahn ausgehenden Belastungen) (VG Chemnitz, Beschluss vom 2. März 2016, Az. 2 L 89/16, nicht veröffentlicht).

Erforderlich ist damit ein expliziter Bezug des Versammlungsthemas zu dem konkret ausgewählten Streckenabschnitt der jeweiligen Autobahn, auch allgemein autobahn- bzw. verkehrsbezogene Themen sind hierfür nicht ausreichend (VG München, Beschluss vom 1. September 2021, Az. M 13 S 21.4561).

Anderenfalls fehlt für die mit der Einschränkung des Autobahnverkehrs verbundenen Gefährdungen und Behinderungen die Legitimation durch die Ausübung des Grundrechts aus Art. 8 Abs. 1 GG (VG Chemnitz, Beschluss vom 2. März 2016, Az. 2 L 89/16, nicht veröffentlicht).

Ein erforderlicher ausreichender Bezug des Versammlungsthemas zu der z. B. aus dem Raum Zwickau bekannt gewordenen und von einem Anmelder vorgesehenen Nutzung des von ihm dort konkret benannten Teilabschnittes der Bundesautobahn BAB A4, was auch für Mittelsachsen aufgrund der ähnlich gelagerten und jedenfalls mehrheitlich mit Autobahnbezug stattfindenden Demonstrationen, nicht auszuschließen ist, ergibt sich aus dem Anliegen (der Anmelder) nicht.

Im Hinblick auf den deutschlandweiten Aufruf

www.proplanta.de/agrar-nachrichten/agrarwirtschaft/bauernverband-ruft-zu- protesten-ab-8-januar-2024-auf_article1703401210.html ist ab dem 8. Januar 2024 von einem einheitlichen Versammlungsgeschehen ausgehen. Dies belegen die weiteren nachfolgend aufgeführten Mottos, unter denen auf dem gesamten Gebiet des Freistaates Sachsen entsprechende vergleichbare Versammlungen angezeigt worden sind:

•„Die Ampel ist kaputt!"

-              gegen Agradieselsteuer

-              Aufhebung der Steuerbefreiuung landwirtschaftliche Maschinen Düngeverordnung

-              Zwangstillegung“

•„Die Ampel ist kaputt“ „Die Ampel ist kaputt – wir erhalten dieses Land, die Regierung fährt es an die Wand“

•„Die Ampel ist kaputt – bundesweiter Aktionstag“

•„Protest gegen das Festhalten der Ampelregierung an Plänen, die Landwirtschaft zum Stopfen ihrer selbstverschuldeten Haushaltslöcher unverhältnismäßig zu belasten“

•„Konvoifahrt Traktoren A4 Auffahrt AS BZ-West bis AS Hellerau um zur Großdemo in Dresden zu kommen“

•„Sternfahrt nach Dresden über die Autobahn zu unserer großen Kundgebung“

•„Entschleunigung der Autobahnauffahrten Dresden Flughafen, Dresden Hellerau, Dresden Wilder Mann, Dresden Neustadt“

Damit dokumentiert(en) der/die Veranstalter, dass es ihm/ihnen hinsichtlich einer durch die Vielzahl der Aufrufe in den sozialen Medien nicht von vornherein auszuschließenden Nutzung der Autobahn als Versammlungsfläche vor allem darum geht, durch ein spektakuläres Auftreten besondere Aufmerksamkeit zu erregen.

Insoweit wäre bereits die Eröffnung des Schutzbereiches von Art. 8 GG zu hinterfragen, da eine rein kommunikativ wirkende, vorwiegend auf die öffentliche Meinungsbildung ausgerichtete, öffentliche Wahrnehmbarkeit bereits nicht gegeben ist. Eine Information der Öffentlichkeit über das Anliegen des Veranstalters erfolgt vielmehr vorwiegend durch die mediale Berichterstattung hinsichtlich der auftretenden Behinderungen Dritter (sog. Stauopfer). Die teilweise auch bereits in den gewählten Mottos zum Ausdruck kommende Absicht, unbeteiligte Dritte zu behindern, einen Verkehrskollaps zu provozieren oder den Versammlungsteilnehmern durch den Zugang zur Autobahn selbst eine Attraktion zu verschaffen, indem sie diese mit ihren landwirtschaftlichen, nicht zu Nutzung der Autobahn zugelassenen, Großgeräten befahren, ist nicht von Art. 8 GG geschützt. Insoweit soll durch die Versammlungsteilnehmer gerade kein öffentlicher Meinungsaustausch befördert werden, sondern vielmehr die eigenen Forderungen zwangsweise durch Herbeiführung eines Verkehrskollapses durchgesetzt werden.

Die Absicht des Anmelders durch eine möglichst medienwirksame Aktion auf die Problematik der Kritik an der Ampelregierung des Bundes aufmerksam zu machen, entbindet ihn nicht von dem Erfordernis eines expliziten Bezugs des Versammlungsthemas zu dem konkret ausgewählten Streckenabschnitt.

Wollte man bereits aus dem hier eigentlich streitgegenständlichen Thema des Protestes gegen die Agrardieselsteuer, die Aufhebung der Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Maschinen sowie deren Zwangsstilllegung und die Düngeverordnung und dem insofern allenfalls mittelbar (auch) zu Autobahnen als zentralen Versorgungswegen, aber auch zu allen anderen Transportwegen, hergestelltem Bezug bereits den für eine Versammlung erforderlichen konkreten Zusammenhang zu dem Teilabschnitt der Autobahn annehmen, würde das letztlich dazu führen, dass mit allgemeinen Versammlungsthemen jeglicher Nutzung willkürlich ausgewählter Autobahnabschnitte für Versammlungen auf diesen Tür und Tor geöffnet wäre.

Hierzu wird insbesondere auch auf die Ausführungen des BayVGH im Beschluss vom 13. November 2020, Az. 10 CS 20.2655, verwiesen:

„Soweit der Antragsteller vorträgt, anlässlich der Bedeutung der anstehenden Bundestagswahl und einer internationalen Automobilausstellung werde eine bundesweite und internationale Aufmerksamkeit begehrt und nicht nur von lokalen Medien aufgrund von letztlich mehr oder weniger lokalen Verkehrsbehinderungen (vgl. Beschwerdeschrift, S. 7 f.), kann ihm dies nicht zum Erfolg verhelfen. Von der Versammlungsfreiheit nicht gedeckt ist, wenn die Behinderung Dritter nicht nur als Nebenfolge in Kauf genommen, sondern beabsichtigt wird, um die Aufmerksamkeit für das Demonstrationsanliegen zu erhöhen (s.o.). Die Versammlungsfreiheit berechtigt als solche nicht ohne Weiteres dazu, die von dem Veranstalter gewollte Verkehrswende ohne Rücksicht auf die Rechte Einzelner oder öffentliche Interessen gleichsam auf eigene Faust durchzusetzen.“

Dementsprechend wurde seitens der Rechtsprechung insbesondere auch für die Themen: „die IAA und deren Greenwashing/Unglaubwürdigkeit, echte nachhaltige Mobilität, Verkehrswende, Klimawandel, Radverkehr sowie die bundesweit dringend notwendige Verbesserung der Radinfrastruktur und eine zeitnahe Umsetzung der vielen bundesweiten Radentscheide“ und „#MehrPlatzFürsRad! Bundesweit konsequente Umsetzung der Radentscheide; Radwege so gut wie Autobahnen; IAA/VDA vs. echte nachhaltige Mobilität; Greenwashing/Unglaubwürdigkeit Tempolimit; Planungs- und Baustopp von Autobahnen; Halbierung des Kfz-Bestands in den Städten“ ein fehlender ausreichender Bezug der Versammlungsthemen zur Nutzung eines bestimmten Streckenabschnittes konstatiert (VG München, Beschluss vom 1. September 2021, Az. M 13 S 21.4561). Zu diesen Ausführungen führte auch der VGH München in 2. Instanz aus, dass es nicht zu beanstanden sei, dass die Antragsgegnerin zu dem Ergebnis gekommen ist, dass es den Anmeldern nicht zuvörderst um Autobahnen, sondern um eine generelle Verkehrswende und den Protest gegen die lAA geht und dass das Unterthema zum Planungs- und Baustopp mangels Planungen und aktueller Baumaßnahmen auf die A96 und A94 nicht zutrifft (BayVGH, B. v. 07.09.2021 - Az. 10 CS 21.2282).

In einem weiteren Beschluss hat sich auch das VG Frankfurt in ähnlicher Weise positioniert. Hinsichtlich der Ausführungen des Versammlungsanmelders:

„Thema in der Frankfurter und hessischen Verkehrspolitik ist der Ausbau der A5 innerhalb Frankfurts auf 10 Fahrspuren. Dagegen protestieren wir, unter anderem mit der bike-night. Als Fahrrad-Lobby haben wir mehrere Gründe dafür. Allein die Baustellen einer solchen Verbreiterung blockieren Rad- und Fußwegverbindungen über Jahre. Außerdem ist generell der Ausbau von (eh schon breiten) Autobahnen im Zeichen des Klimawandels unsinnig, das viele Geld soll stattdessen u.a. für Fahrrad- Infrastruktur sinnvoll ausgegeben werden.“ wird ausgeführt, dass zu berücksichtigen sei, dass sich bei einer Gesamtschau der Ausführungen des Antragstellers im behördlichen und im gerichtlichen Verfahren ergebe, dass das Anliegen der Versammlung primär eine Stärkung der politischen Anerkennung des Radverkehrs und eine Stärkung der diesbezüglichen Infrastruktur sei. Soweit sich das Anliegen auch gegen einen (womöglich) geplanten Ausbau der BAB A5 richte, stelle sich diese Stoßrichtung anhand der Ausführung der Ausführungen des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin mit E-Mail vom 20. Juli 2021 lediglich als Annex zum Hauptanliegen dar (VG Frankfurt, Beschluss vom 3. September 2021, Az. 5 L 2467/21.F).

Im Ergebnis ist danach festzuhalten, dass sich ein mittelbarer Bezug zu dem ausgewählten Streckenabschnitt der BAB allenfalls aus seiner Funktion als zentralem Versorgungs- und Transportweg ergeben kann. Darüber hinaus handelt es sich aber auch um die zentralen Verkehrsinfrastruktureinrichtungen des Freistaates Sachsen, deren Blockade auch zahlreiche unbeteiligte Verkehrsteilnehmer beträfe.

Die Nutzung von Autobahnen durch für diese nicht zugelassenen landwirtschaftlichen Großgeräte bewegt sich nicht mehr innerhalb des Widmungszwecks der Bundesfernstraßen (vgl. hierzu auch VG Chemnitz, Beschluss vom 2. März 2021, Az. 2 L 89/16, nicht veröffentlicht).

Danach ist der erforderliche autobahnspezifische Bezug der angezeigten Versammlung zu verneinen.

Aufgrund der erhöhten Unfallgefahr, bedingt durch die Geschwindigkeit der Verkehrsteilnehmer und auch die unübersichtliche Situation vor Ort sowie die zusätzlichen Ablenkungen durch das Versammlungsgeschehen sind die Abfahrten oder Autobahnen freizuhalten. Gleichwohl die bisherigen Veranstalter und Versammlungsleiter zugesagt haben, dass die Abfahrten und Autobahnen freigehalten werden sollen, kann mit Blick auf die dynamische Lage nicht sichergestellt werden, dass es nicht dennoch durch einzelne Teilnehmer zu einer Blockade der Abfahrten oder von Streckenabschnitten der Autobahn kommt. Gerade die durch die Veranstalter der Blockaden an den Autobahnen prognostizierten Teilnehmerzahlen begründen Zweifel, dass alle Teilnehmer im Rahmen der Versammlung einen Standort erhalten, der dem eigenen Versammlungsanliegen gerecht wird. In einer dynamischen Lage wie der vorliegenden, ist dann nicht auszuschließen, dass doch einige Teilnehmer unvernünftigerweise die Abfahrten blockieren oder auf die Autobahn auffahren wollen. Es ist durch die Verfügung klarzustellen, dass der Autobahnverkehr eine zu große Gefahr birgt, als dass die Abfahrten und die Autobahn als Versammlungsfläche genutzt werden dürfen.

Die Untersagung ist verhältnismäßig, da auch eine Absicherung von gesperrten Stellen immer die Gefahr birgt, dass die Sperrungen übersehen werden und es zu schweren Unfällen kommt. Diese Gefahr potenziert sich vorliegend aufgrund der angespannten Verkehrssituation, die die Verkehrsteilnehmer unter einen zeitlichen Druck setzt und damit die Neigung zu überhöhter Geschwindigkeit noch potenziert.

Zu Nr. 2 c. und 3 a.- Temporäres Lösen der Blockaden

Im Ergebnis der Abwägung der widerstreitenden Interessen der bei Durchführung der geplanten Versammlungen voraussichtlich eintretenden Behinderungen des Verkehrs überschreiten diese aufgrund der konkreten Umstände ab 8. Januar 2024 in ihrer Dauer und Intensität den Rahmen der üblichen, sozialadäquaten und insoweit typischerweise hinzunehmenden Beeinträchtigungen. Die Blockade von nahezu allen Autobahnanschlussstellen im gesamten Bundesgebiet und damit auch in den benachbarten Landkreisen führt zu einer weit über dem Durchschnitt liegenden Nutzung der Umgehungsstraßen. Da diese in Teilen ebenfalls blockiert werden sollen, ist mit massiven Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs zu rechnen.

Ausweichmöglichkeiten sind kaum mehr gegeben. Die Dauer zieht sich vorliegend über einen Zeitraum von mindestens 12 Stunden, wobei hier zu beachten ist, dass die Start- und Endzeiten der Versammlungen zwischen 5.00 Uhr und 17.00 Uhr variieren und damit die Beeinträchtigungen in die Länge gezogen werden.

Auch Bundesfernstraßen sind, obwohl sie von ihrem eingeschränkten Widmungszweck her anders als andere öffentliche Verkehrsflächen nicht der Kommunikation dienen, sondern ausschließlich dem Fahrzeugverkehr, nicht generell ein versammlungsfreier Raum. Deshalb können Versammlungen auf Bundesautobahnen nicht generell verboten werden.

Vielmehr sind die konkreten Umstände des Einzelfalls zu betrachten. Auch in einer neueren Entscheidung aus Juli 2022 hat sich das Sächsische OVG in dem beigefügten Beschluss — SächsOVG, Beschluss vom 22. Juli 2022-5 B 194/22-juris- mit der Thematik befasst und die nachfolgenden Grundsätze bestätigt. Während bei innerörtlichen Straßen und Plätzen, bei denen die Widmung die Nutzung zur Kommunikation und Informationsverbreitung einschließt,

Einschränkungen oder gar ein Verbot aus Gründen der Verkehrsbehinderung nur unter engen Voraussetzungen in Betracht kommen, darf den Verkehrsinteressen bei öffentlichen Straßen, die allein dem Straßenverkehr gewidmet sind, insbesondere bei Bundesfernstraßen, größere Bedeutung beigemessen werden, so dass das Interesse des Veranstalters und der Versammlungsteilnehmer an der ungehinderten Nutzung einer solchen Straße gegebenenfalls zurückzutreten haben. Im Rahmen der Abwägung ist zu berücksichtigen, ob und wie weit die Wahl des Versammlungsortes und die konkrete Ausgestaltung der Versammlung sowie die von ihr betroffenen Personen einen Bezug zum Versammlungsthema haben.

Dass den Grundrechtsträgern durch Art. 8 GG eingeräumte Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt sowie Art und Inhalt der Veranstaltung ist durch den Schutz der Rechtsgüter Dritter und der Allgemeinheit begrenzt. Das Selbstbestimmungsrecht umfasst nicht die Entscheidung, welche Beeinträchtigungen die Träger kollidierender Rechtsgüter hinzunehmen haben (BVerfG, B. v. 24. Oktober 2001 – 1 BvR 1190/90 – zitiert nach juris, Rn. 63). Nach § 15 Abs. 1 SächsVersG kann die zuständige Behörde eine Versammlung beschränken oder verbieten, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Zur öffentlichen Sicherheit zählt bei Protestaktionen auf Bundesautobahnen neben dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs auch der Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit der Verkehrsteilnehmer (vgl. SächsOVG, B. v. 22. Juli 2022 – 5 B 194/22).

Im Rahmen der praktischen Konkordanz hat die Versammlungsbehörde einen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen zu finden. Die Dauer und die flächendeckende Blockade ist wesentlicher Inhalt der beabsichtigten Meinungskundgabe. Wie durch die bisherigen Veranstalter dargelegt, soll es gerade darum gehen, der Öffentlichkeit vorzuführen, was ein Stillstand des öffentlichen Lebens bedeutet. Mithin ist eine Einschränkung der Versammlungszeit nicht geeignet, die Interessen auszugleichen. Mit Blick auf die vorgenannten Ausführungen bedarf es jedoch eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen, hier insbesondere einer zumindest teilweisen Gewährleistung des Verkehrsflusses. Dieser ist durch eine stündliche Lösung gewährleistet. Sofern der Rückstau nicht zu enorm ist, kann vor Ort ein anderer Rhythmus mit den eingesetzten Polizeikräften vereinbart werden.

Zu Nr. 3. b- Passierenlassen der Rettungsfahrzeuge

Es muss sichergestellt werden, dass Rettungsfahrzeuge auch in die ländlichen Bereiche gelangen können. Bei einer Blockade von mehreren Straßenabschnitten kann dies nur dadurch gewährleistet werden, dass vor Ort durch die Veranstalter, Versammlungsleiter oder Ordner sichergestellt ist, dass die Fahrzeuge auch bei einem Rückstau diesen unproblematisch und ohne Gefahren überholen können.

Zu Nr. 3 c- Freihalten von Zufahrtsstraßen zu den Autobahnauffahrten

Das Freihalten der Zufahrtswege zu den Autobahnauffahrten ist notwendig, um die zeitweise Lösung der Blockaden der Autobahnauffahrten nicht ad absurdum zu führen. Eine Blockade der Zubringerstraßen zu den Autobahnen würde dazu führen, dass Verkehrsteilnehmer überhaupt nicht mehr zu den Autobahnauffahrten gelangen können. Damit würde durch die Versammlungsteilnehmer eine Art doppelte Blockade aufgebaut werden. Ergänzend wird hierzu auf die Ausführungen zu Nr. 2 a, Nr. 2 c. und 3 a. verwiesen.

Zu Nr. 4 a.- Anbringen von Plakaten und Bannern

Kundgebungsmittel sind innen in den Fahrzeugen zu befestigen, um zu verhindern, dass diese sich lösen und dann andere Teilnehmer in der Sicht behindern oder diese erschrecken und entsprechende unvorhergesehene Reaktionen hervorzurufen. Denn insbesondere im Straßenverkehr besteht dann die konkrete Gefahr von Auffahrunfällen oder auch anderen Schäden durch das Verreißen des Lenkrades oder plötzliches Abbremsen oder Beschleunigen, wenn dem Teilnehmer unerwartet etwas in den Fahrtweg fliegt, dass er nicht ohne weiteres identifizieren kann. Sofern diese Kundgebungsmittel nicht ausreichend befestigt sind, besteht durch den Fahrtweg die konkrete Gefahr, dass diese sich lösen werden.

Zu Nr. 4 b.- Schallzeichen und Rundumleuchten

Gem. § 16 Absatz 1 StVO darf sogenannte Schallzeichen, mithin Hupen, nur geben, wer außerhalb geschlossener Ortschaften überholt oder wer sich oder Andere gefährdet sieht. Hupen dient rechtlich nur zur Warnung im Straßenverkehr, jedoch nicht zur Begleitung von Versammlungen (vgl. VG Gießen, Beschluss vom 18.02.2021 - 4 L 566/21.GL). Mangels Bezuges zur Durchführung der Versammlung sind Hupen nicht als Kundgebungsmittel anzuerkennen. Weiter ist deren Nutzung aufgrund der Möglichkeit der Verwendung durch die feste Installation an den Tretautos zu untersagen.

Es besteht aufgrund der Verwendung im Vorfeld der Versammlung am 03.03.2023 die Gefahr, dass die Teilnehmer diese wiederverwenden, wenn deren Verwendung nicht untersagt wird. Die Untersagung der Verwendung ist mithin erforderlich. Sie ist auch geeignet und verhältnismäßig, um die Gefahr für die öffentliche Sicherheit, hier der Verstoß gegen § 16 Abs. 1 StVO, abzuwehren. Ein milderes Mittel ist nicht vorhanden.

Gem. § 38 Abs. 3 StVO wird durch Gelbes Blinklicht vor Gefahren gewarnt. Es kann ortsfest oder von Fahrzeugen aus verwendet werden. Die Verwendung von Fahrzeugen aus ist nur zulässig, um vor Arbeits- oder Unfallstellen, vor ungewöhnlich langsam fahrenden Fahrzeugen oder vor Fahrzeugen mit ungewöhnlicher Breite oder Länge oder mit ungewöhnlich breiter oder langer Ladung zu warnen.

Ein Verstoß gegen § 38 stellt nach § 49 Abs. 3 Nr. 3 StVO eine Ordnungswidrigkeit dar.

Die mobile Verwendung gelber Blinkleuchten von berechtigten Fahrzeugen aus (§ 52 Absatz 4 StVZO) ist nach § 38 Absatz 3 S. 3 StVO nur in den aufgeführten Fällen zulässig, um vor den besonderen Gefahren vor Arbeits- und Unfallstellen oder vor mit den genannten überbreiten bzw. überlangen Fahrzeugen (s. § STVZO § 32 Abs. STVZO § 32 Absatz 1 StVZO) oder Ladungen (s. § STVZO § 22 StVZO) verbundenen Gefahren zu warnen (vgl. Kommentierung Ritter in BeckOK Straßenverkehrsrecht, § 38 STVO, Rn. 25, 26).

Als Gefahrenzeichen warnen die gelben Blinkleuchten vor den spezifischen Gefahren, die von dem Fahrzeug selbst (etwa aufgrund Überbreite oder bestimmter Vorrichtungen) oder von dort ausgeführten Arbeiten ausgehen, nicht aber vor allgemein mit dem Betrieb eines jeden Kraftfahrzeug verbundenen Gefahren oder einem bevorstehenden allgemein verkehrswidrigen Fehlverhalten des Fahrzeugführers (s. OLG Düsseldorf BeckRS 2017, BECKRS Jahr 108496).

Zu Nr. 4 c.- Fahrzeugverband

Ein geschlossener Verband nach § 27 StVO ist eine geordnete, einheitlich geführte und als Ganzes erkennbare Fahrzeugmehrheit, die im Rahmen des Straßenverkehrs als ein Teilnehmer zu werten ist. Geschlossen ist ein Verband nach § 27 Abs. 3 StVO, wenn er für andere Verkehrsteilnehmer als solcher deutlich erkennbar ist. Maßgebend sind eine einheitliche Führung, eine geschlossene Bewegung und eine einheitliche Kennzeichnung. Um vorliegend die Durchführung der Versammlung nicht zu gefährden oder zu erschweren, wurde die Art und Weise der Kennzeichnung im Einvernehmen mit dem Veranstalter vereinbart und werden aus Gründen der Rechtssicherheit entsprechend verfügt. Zudem ist der Verbandsführer, der vorliegend identisch mit dem Versammlungsleiter ist, Verantwortlicher für die Einhaltung der Vorgaben und auch derjenige, der im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit die Art und Weise der Kennzeichnung bestimmen kann (vgl. Krumm, Geschlossene Verbände auf öffentlichen Straßen, SVR 2013, 418).

Die Erkennbarkeit der Kraftfahrzeuge als Verband ist deswegen erforderlich, weil das Verbandsvorrecht andere Verkehrsregeln zurückdrängt. D.h. für die weiteren Verkehrsteilnehmer, die damit nicht so vertraut sind und deren Rechte zurückstehen, muss die Verbandszugehörigkeit jedes einzelnen Fahrzeuges unmissverständlich erkennbar sein (König a.a.O. § 27 Rn. 5).

Der üblicherweise für einen Verband, der die Vorrechte nach § 27 StVO in Anspruch nimmt, nach § 29 Abs. 2 Satz 2 HS. 2 StVO notwendige Erlaubnis (vgl. Sauthoff in Münchner Kommentar Straßenverkehrsrecht, § 29 Rn. 22, 25) bedurfte es vorliegend nicht. Die Erlaubnispflicht nach § 29 Abs. 2 StVO entfällt nämlich, wenn sich die Veranstaltung als eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel i.S.v. Art. 8 Abs. 2 GG und der §§ 14 ff. SächsVersammlG darstellt. Denn eine straßenverkehrsrechtliche Erlaubnispflicht - so das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urteil vom 21. April 1989 - 7 C 50/88 -, juris) - stellt sich als ein unzulässiger Eingriff in das Versammlungsrecht dar und wird daher von der Ausschlusswirkung der Vorschriften des Versammlungsrechts erfasst (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 27. August 2020 – 3 Ws (B) 175/20 –, juris Rn. 11 f.).

Zu Nr. 4 d.- Einsatz von Ordnern:

Der festgesetzte Ordnerschlüssel ist im Hinblick auf den Umfang der zu erwartenden und zum Teil bereits angezeigten Veranstaltung angemessen, um die jeweiligen Versammlungsleiter bei der Erfüllung der ihm zur Aufrechterhaltung obliegenden Pflichten zu unterstützen.

Ordner dienen der vorbeugenden Gefahrenabwehr und sind bei größeren Versammlungen unverzichtbar. Insbesondere bei der Durchführung eines sogenannten Verbandes, dem der Leiter voranzufahren hat, hilft es bei der ordnungsgemäßen Durchführung der Versammlung, dass sich in festgesetzten Abständen Ordner in den Fahrzeugen befinden, die über die Details wie Ablauf, Route und auch die Vorgaben der StVO in Bezug auf die Durchführung von KfZ-Verbänden firm sind. Im Gegensatz zu anderen Verbänden, die zumeist einen konkreten und bestimmbaren Teilnehmerkreis ansprechen und damit eine Erläuterung der Vorgaben im Vorfeld ermöglichen, richtet sich der Autokorso als Versammlung an einen unbestimmten Teilnehmerkreis. Gleichwohl die Regelungen der StVO allen Teilnehmern bekannt sein sollten, ist eine Unterstützung durch Ordner in entsprechenden Abständen geboten, um den reibungslosen Ablauf sowie die vorgeschriebenen Unterbrechungen zu gewährleisten und damit die Einschränkungen für andere Verkehrsteilnehmer so gering wie möglich zu halten.

Zu Nr. 5.- Verbot von Autokorsos auf der Bundesautobahn

Bezüglich der Nutzung von Autobahnen für Versammlungen wird auf die Ausführungen zu 2 c. und 3 a. angeführten Argumente verwiesen. Zudem wird auf die Gefahr bei der Durchführung von Autokolonnen, insbesondere unter Beteiligung von Traktoren verwiesen. Die BAB ist regelmäßig stark frequentiert. Hinzukommt, dass das Verkehrsaufkommen ab 08.01.2024 noch steigen wird aufgrund der angekündigten massiven Streiks der Deutschen Bahn, die zu einem Ausweichen der Bahnfahrer auf die Straßen führen wird. Zudem ist der 08.01.2024 für viele Arbeitnehmer der erste Arbeitstag nach den Weihnachtsferien. Die Berufs-Pendler, ggf. Schüler, etc. müssen demzufolge ebenfalls auf die Autobahn ausweichen, um an ihren Arbeits- / Schulort zu gelangen. Staubildung und Auffahrunfälle wären somit hoch wahrscheinlich. Dies führt an diesem Termin zu versammlungsbedingt besonders großen Gefahren. Insbesondere bei einer etwaigen Nutzung von Traktoren (wie in anderen angezeigten Versammlungen angekündigt) ergibt sich eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit jedenfalls daraus, dass es sich bei Traktoren um landwirtschaftliche Großgeräte handelt, die für den Verkehr auf Autobahnen nicht zugelassen sind und von denen ein erhebliches Gefahrenpotential für die unmittelbar davor und dahinter befindlichen Versammlungsteilnehmer ausgeht. Dieses Gefahrenpotential übersteigt dasjenige eines „normalen“ Fahrzeugs um ein Vielfaches. Dies gilt umso mehr im Rahmen eines sich fortbewegenden Demonstrationsaufzugs mit erheblicher Personenzahl sowie einem potentiell dynamischen Versammlungsablauf.

Hier sind insbesondere die Größe dieser Fahrzeuge und die sich hieraus ergebenden Sichtbeschränkungen auf den unmittelbaren Nahbereich, aber auch deren Gewicht und sonstige Verletzungsrisiken (bspw. an scharfkantigen Fahrzeugteilen) in den Blick zu nehmen (vgl. VG Aachen, Beschl. v. 13.01.2023, Az. 6 L 35/23). Zudem sind auch die begrenzten örtlichen Gegebenheiten, fehlenden Wendemöglichkeiten und die sich hieraus ergebenden unmittelbaren Gefahren für Leib und Leben der Versammlungsteilnehmer, aber auch dritter Verkehrsteilnehmer zu berücksichtigen. Unter Bezug auf die Ausführungen zu der gesteigerten Unfallgefahr aufgrund der erhöhten Geschwindigkeit auf den Autobahnen und der technischen Beschaffenheit von Traktoren ist hier die Nutzung von Traktoren zur Durchführung eines Autokorsos auf der Autobahn zu untersagen. Die Veranstalter selbst haben angegeben, dass ein Ausschluss der Traktoren jedoch faktisch nicht möglich sein wird, womit die Durchführung eines Autokorsos auf der BAB gänzlich zu untersagen ist. Alternative Routen außerhalb der BAB wurden abgelehnt, gleichwohl auch auf alternativen Strecken die Versammlung ausreichend Öffentlichkeitswirkung entfaltet. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass aufgrund der im Vorfeld stattfindenden medialen Berichterstattung und aufgrund der Werbung in den sozialen Medien das Anliegen der Teilnehmer über alle Maßen bekannt ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.07.2022 – 9 S 1561/22).

Zu Nr. 6.- Sofortige Vollziehung

Gemäß § 80 Abs. 2 Ziffer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vom 21.01.1960 (BGBl. I, S. 17), in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.März 1991 (BGBl. I S.686), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 14. März 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 71), wird aus überwiegenden Gründen des öffentlichen Interesses die sofortige Vollziehung der verfügten Beschränkungen angeordnet.

Nur durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung der unter Nr. 1 bis 5 genannten Punkte kann eine wirksame Regulierung der angezeigten Versammlung und einer Vermeidung eventuell damit einhergehender Gefahren gewährleistet werden. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches hätte aufgrund der unmittelbar bevorstehenden Versammlung einen unregulierten Ablauf der Versammlung und damit die oben dargelegten Risiken zur Folge.

Zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und zum Schutz der hier insbesondere betroffenen Rechtsgüter Leib, Leben und körperliche Unversehrtheit gem. Art. 2 GG ist daher ein unverzügliches behördliches Handeln erforderlich. Deshalb überwiegt das öffentliche Interesse an einer Regulierung der Veranstaltung zum Schutz der Rechtsgüter Leib, Leben und körperliche Unversehrtheit vorliegend das persönliche Interesse des Antragstellers in Gestalt des Rechts auf Versammlungsfreiheit und an der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs.

Zu Nummer 7 dieser Allgemeinverfügung

Die Anordnung der Bekanntgabe beruht auf § 1 SächsVwVfZG, §§ 41 Abs. 4 S. 4; 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG.

Eine Allgemeinverfügung wird gemäß § 1 SächsVwVfZG, § 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG erst in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie bekanntgegeben wurde.

Diese Allgemeinverfügung wird öffentlich bekannt gegeben. Eine Allgemeinverfügung darf gemäß § 1 SächsVwVfZG, § 41 Abs. 3 S. 2 VwVfG öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist. Eine Bekanntgabe an die Beteiligten ist untunlich, wenn die individuelle Bekanntgabe der Allgemeinverfügung wegen der Natur der Sache der Allgemeinverfügung nicht möglich ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 41, Rn. 46). Vorliegend kann diese Allgemeinverfügung nicht umfassend individuell bekannt gegeben werden, da aufgrund der Ortsbezogenheit dieser Verfügung der Personenkreis der Beteiligten nicht bestimmt werden kann.

Die öffentliche Bekanntgabe einer Allgemeinverfügung wird gemäß § 1 SächsVwVfZG, § 41 Abs. 4 S. 1 VwVfG dadurch bewirkt, dass ihr verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. Die ortsübliche Bekanntmachung erfolgt gemäß §§ 1, 4 der Satzung über die Form der öffentlichen Bekanntmachung und der ortsüblichen Bekanntgabe vom 15. Juni 2017 (Bekanntmachungssatzung des Landkreises Mittelsachsen). Die Allgemeinverfügung kann auf der Internetseite des Landkreises Mittelsachsen unter www.landkreis-mittelsachsen.de/amtsblatt eingesehen werden.

Der Zeitpunkt der Bekanntgabe war zu bestimmen. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe gilt eine Allgemeinverfügung gem. § 1 SächsVwVfZG, § 41 Abs. 4 S. 3 VwVfG erst zwei Wochen nach ihrer ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben, sofern nicht ein abweichender Termin zur Vollendung der Bekanntgabe gem. § 1 SächsVwVfZG, § 41 Abs. 4 S. 4 VwVfG bestimmt wird, der jedoch frühestens auf den auf die Bekanntmachung folgenden Tag bestimmt werden kann. Die Bestimmung eines früheren Zeitpunkts der Bekanntgabe war hier erforderlich, da anderenfalls der Zweck der Allgemeinverfügung unterlaufen würde (siehe o.g. zeitlicher Geltungsbereich).

Die Angabe des In-Kraft-Tretens dient der Vermeidung von Rechtsunsicherheiten.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Landratsamt Mittelsachsen mit Sitz in 09599 Freiberg, Frauensteiner Straße 43, einzulegen.

Die Schriftform kann durch die elektronische Form ersetzt werden. In diesem Fall ist das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen. Die Signierung mit einem Pseudonym, das die Identifizierung des Signaturschlüsselinhabers nicht ermöglicht, ist nicht zulässig.

Die Zugangseröffnung für elektronische Übermittlung erfolgt über die E-Mail-Adresse egov@landkreis-mittelsachsen.de.   

Hinweis:  

Weitere Einzelheiten zum Zugang für elektronisch signierte sowie verschlüsselte elektronische Dokumente sind zu finden auf der Internet-Seite des Landkreises Mittelsachsen, dort unter Bürgerservice, Elektronische Signatur und Verschlüsselung beziehungsweise unter www.landkreis-mittelsachsen.de/buergerservice/fachbereiche/5398.html  

gez. Dirk Neubauer
Landrat