„Ich bin für die finanzielle Unterstützung unglaublich dankbar“

08.06.2023

Anne Hartmann ist 23 Jahre alt und studiert in Berlin Medizin. Seit einem Jahr erhält sie das Stipendium des Landkreises und will ab 2027 in Mittelsachsen als Ärztin arbeiten. Neben der finanziellen Unterstützung lobt sie das Programm noch für einen anderen Punkt.

Für die praktischen Phasen müssen Sie als Stipendiatin Berlin und die Charité verlassen. Was reizt sie daran, „auf dem Land“ zu arbeiten?

Tatsächlich bekomme ich diese Frage auch häufig von meinen Mitstudenten gestellt. Dabei liegen die Vorteile für mich persönlich klar auf der Hand: Erstens hat man auf dem Land viel eher die Möglichkeit, eine festen Stamm an Patienten aufzubauen und diese dadurch erst einmal richtig kennenzulernen. Ich hoffe, dass so eine vertrauensvolle Atmosphäre entsteht, auf deren Basis sich die Menschen auch mit unangenehmen Thematiken an mich wenden. Zweitens bin ich persönlich kein Stadtmensch. Ich bin in der Sächsischen Schweiz aufgewachsen und finde die Anonymität, Hektik und Geräuschkulisse der Hauptstadt überhaupt nicht angenehm. Bevor ich dann auf die Idee komme „Urlaub auf dem Land zu machen“, arbeite ich doch lieber dort. Der dritte Punkt ist, dass ich einen sehr nahen Bezug zur Sozialarbeit habe und mir dahingehend viel mehr interprofessionelle Zusammenarbeit wünschen würde. Ich kenne Leute aus Mittelsachsen, die das genauso sehen und Lust darauf hätten.

Welche Verbindung haben Sie nach Mittelsachsen?

Durch meine Zeit in Berlin habe ich jetzt erst richtig verstanden, was der Begriff „Heimat“ bedeutet. Es ist ein Ort, an dem man sich vollkommen aufgenommen fühlt, ein Teil der Gegend ist und man vollkommen man selbst sein kann. Frauenstein ist für mich einer dieser Orte, die in mir dieses Heimatgefühl auslösen, weil dort gute Freunde von mir leben, die ich regelmäßig besuche und die mich unterstützen. Ich freue mich darauf, bald selbst ein Teil des Landkreises zu werden und genau hier Menschen unterstützen zu können. Das soll aber nicht heißen, dass ich meine familiäre Bindung in die Sächsische Schweiz nicht als ebenso wichtig erachte. Das Leben bedeutet aber nun mal auch Veränderung.

Haben Sie schon erste Vorstellungen, welche medizinische Fachrichtung Sie später einschlagen?

Ich interessiere mich besonders für die Allgemeinmedizin, eine Fachrichtung, die nicht nur besonders vielseitig ist, sondern einem auch erlaubt, seine Patienten über einen langen Zeitraum kennenzulernen. Die menschliche Gesundheit wird nicht nur in Blutwerten gemessen, sondern auch von psychischen und sozialen Faktoren beeinflusst. Nur wenn man den Menschen als Gesamtheit betrachtet, kann man seine Gesundheit optimal erhalten. Des Weiteren begeistere ich mich auch für psychiatrische Erkrankungen, welche heutzutage leider immer noch weniger in der Gesellschaft wahrgenommen werden als körperliche Einschränkungen, aber immer mehr an Bedeutung gewinnen.

Ich freue mich darauf in etwa einem Jahr meine ersten Famulaturen in Mittelsachsen beginnen zu können. Und mein Ziel ist es, ab 2027 dem Landkreis als neue Ärztin zur Verfügung zu stehen.

Wie helfen die 400 Euro monatlich?

Ich bin dem Landkreis für diese finanzielle Unterstützung unglaublich dankbar und ich kann auch ganz klar behaupten, dass sich meine Leistungen dadurch deutlich verbessert haben. Es ist halt ein Unterschied, ob man seine Wochenenden mit Arbeit oder mit Lernen verbringt. Denn obwohl ein Vollzeitstudium auf 40 Stunden pro Woche ausgelegt ist, reichen diese kaum aus zum Vorbereiten, Nachbereiten, Lernen und Wiederholen. Die Veranstaltungen mal ganz außen vor gelassen. Was ich aber besonders wertvoll an diesem Stipendium finde, ist das Mentorenprogramm. Viele meiner Mitstudenten haben Eltern, Geschwister oder andere Verwandte, die selber Ärzte sind und ihnen wertvolle Tipps geben können. Diese Ressource habe ich nicht.  Wenn man dann selbst keinen fachlichen Ansprechpartner im Familien- beziehungsweise Bekanntenkreis hat, kann man sich schnell verloren fühlen. Deshalb freue ich mich, dass jedem Stipendiaten ein persönlicher Mentor zugeteilt wird.

„Das Medizinstipendium ‚Rundum gesund – Ärztin/Arzt werden für Mittelsachsen‘ bietet talentierten und motivierten Studierenden die Möglichkeit, ihre medizinische Ausbildung mit finanzieller Unterstützung zu verwirklichen. Das Stipendium steht allen Studierenden offen, die an einer Universität eingeschrieben sind oder sich bewerben möchten. Voraussetzung ist der Nachweis eines Studienplatzes zum Zeitpunkt des Vergabeverfahrens im August 2023. Im Gegenzug verpflichten sich die Stipendiaten, alle Praxisphasen und die Facharztausbildung nach Möglichkeit an medizinischen Einrichtungen im Landkreis Mittelsachsen zu absolvieren. Das Förderprogramm bietet zudem eine persönliche Begleitung der Studierenden durch erfahrene Fachärztinnen und -ärzte aus dem Landkreis sowie regelmäßige gemeinsame Veranstaltungen mit allen Stipendiatinnen und Stipendiaten. Bei diesen Treffen lernen die Studierenden den Landkreis und seine medizinischen Einrichtungen kennen und knüpfen wichtige berufliche Netzwerke.

Die diesjährige Bewerbungsfrist für das Stipendium endet am 31. Juli 2023.

Foto: privat

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