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In Anerkennung der Leistungen des ehemaligen Direktors des Porzellanwerkes Freiberg und in Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus wurde das Hauptgebäude des Landratsamtes an der Frauensteiner Straße 43 in Freiberg mit Beschluss des Kreistages am 11. Oktober 2017 in „Werner-Hofmann-Haus" benannt. Die feierliche Namensweihe fand am 27. Januar 2018 (Foto) statt.
„Wir ehren damit eine herausragende Freiberger Persönlichkeit, die sich für die Stadt und Region verdient gemacht hat. Gleichzeitig gedenken wir aller Opfer, insbesondere hier an dieser Stelle des schweren Schicksals von rund 1000 jüdischen Zwangsarbeiterinnen.” Matthias Damm (Landrat a. D.)
Quelle: Geschichtswerkstatt Freiberg, Dr. Michael Düsing
Das heutige Hauptgebäude wurde vor zirka 90 Jahren als Verwaltungsgebäude der Porzellanfabrik Freiberg gebaut. Seine Geschichte reicht aber bis in die Zeit um 1900 zurück.
Die Porzellanfabrik Kahla entschied sich auf der Suche nach einem neuen Standort für Freiberg. Ab 1904 begann die Errichtung von Brennöfen, der erste wurde 1906 in Betrieb genommen. Später wurde das Werk um weitere Rundöfen und einen modernen Tunnelofen erweitert. 1914 hatte die Fabrik zirka 400 Beschäftigte. Sie war eine der modernsten Elektroporzellanwerke Europas und insbesondere für die Herstellung von elektrotechnischem Porzellan und Porzellan für die Hochspannungstechnik bekannt. Eingeordnet in der HERMSDORF-SCHOMBURG-ISOLATOREN-GmbH (HESCHO) bestanden in Freiberg mehrere zentrale Einrichtungen, wie ein Keramisches Laboratorium, eine wärme- und brenntechnische Abteilung und eine maschinentechnische Abteilung.
Das Verwaltungsgebäude (heutiges Hauptgebäude des Landratsamtes) wurde 1921 bis 1922 erbaut. Integriert in den Gesamtkomplex war ein Versuchshalle, in der sich das erste Versuchsfeld Europas für 1-Million-Volt-Wechselspannung befand. Auf dem Dach war ein Freiluftversuchsfeld, dem der Turm auf dem Nordflügel als Beobachtungshäuschen diente. Heute beherbergt der Hallenbau eines der Archive des Landkreises. Als Folge der Weltwirtschaftskrise ging der Bedarf an Hochspannungsporzellan rapide zurück, das Unternehmen fuhr Verluste ein und wurde schon Anfang 1932 stillgelegt. Versuche, das Verwaltungsgebäude getrennt von der Fabrik zu verwerten, scheiterten. So wurde das Verwaltungsgebäude nebst weiteren Gebäuden 1935 der Reichswehr als Kaserne zur Verfügung gestellt. 1936 bis 1944 befanden sich (auch) Büroräume der Freiberger Wirkwaren und Strumpffabrik Kurt Vettermann im Verwaltungsgebäude.
Die weitere Nutzung des Verwaltungsgebäudes ist nicht vollständig geklärt, da die Akten 1945 nach der Besetzung Freibergs durch die Rote Armee von dieser beschlagnahmt wurden. Etwa 1942/43 bis 1945 wurde der Gesamtkomplex als Unteroffizierskaserne und Sitz der Wehrmacht genutzt. 1944 wurde unter der Tarnbezeichnung Freia GmbH eine Produktionsstätte für Luftrüstungsgüter eingerichtet, dessen Leitung im Verwaltungsgebäude untergebracht gewesen sein soll. Bis März 1945 wurde die Porzellanfabrik zu einem Außenlager des Konzentrationslagers Flossenbürg, in dem 1 000 jüdische Frauen litten und unter schlimmsten Bedingungen arbeiten mussten.
Nach der Besetzung Freibergs durch die Rote Armee zogen mit deren Zustimmung schon 1945 Ämter der damaligen Kreisverwaltung in das Gebäude, das 1952 nach der sogenannten demokratischen Verwaltungsreform der DDR durch den Rat des Kreises in Besitz genommen wurde. Nach der unblutigen Revolution von 1989/90 übernahm die Landkreisverwaltung des damaligen Landkreises Freiberg das Haus, das im Jahre 1993 dem Landkreis von der Treuhandanstalt als Verwaltungsvermögen übertragen wurde. Es blieb Sitz des Landratsamtes auch nach der ersten Kreisgebietsreform 1994. Auch die „Villa“, in der das Büro des Landrates und das entsprechende Referat untergebracht sind, entstammt dem Komplex der Porzellanfabrik Freiberg. Sie war 1913 als Direktorenvilla erbaut worden. Vom damaligen Direktor Dipl.-Ing. Dr. h. c. Werner Hofmann, der, als Jude von den Nationalsozialisten verfolgt, 1939 freiwillig aus dem Leben schied, zeugt eine Gedenktafel in dem der Eingangshalle vorgelagerten Laubengang des Verwaltungsgebäudes.
(Dietmar Lubos)
28.01.2018 |
Feierliche Namensgebung: Hauptgebäude heißt künftig „Werner-Hofmann-Haus"
Alle Beiträge in: Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins, Sonderteil: Kolloquium 75 Jahre Verwaltungsgebäude der Porzellanfabrik Freiberg, 80. Heft 1998