Werner-Hofmann-Haus


Personlichkeiten vor einer Wand mit Schriftzug Werner-Hofmann-Haus
Foto: Wieland Josch

In Anerkennung der Leistungen des ehemaligen Direktors des Porzellanwerkes Freiberg und in Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus wurde das Hauptgebäude des Landratsamtes an der Frauensteiner Straße 43 in Freiberg mit Beschluss des Kreistages am 11. Oktober 2017 in „Werner-Hofmann-Haus" benannt. Die feierliche Namensweihe fand am 27. Januar 2018 (Foto) statt.

„Wir ehren damit eine herausragende Freiberger Persönlichkeit, die sich für die Stadt und Region verdient gemacht hat. Gleichzeitig gedenken wir aller Opfer, insbesondere hier an dieser Stelle des schweren Schicksals von rund 1 000 jüdischen Zwangsarbeiterinnen.”      Matthias Damm (Landrat a. D.)

Dr. Werner Hofmann – Kurzbiografie (Aufarbeitung: Freiberger Zeitzeugnis e. V.)

Portrait von Dr. Werner Hofmann
Foto: Archiv
  • geboren am 28. August 1878 in Meiningen
  • Studium: 
    • fünf Semester an der Technische Hochschule Darmstadt Elektrotechnik
    • Vordiplom 30. April 1900
    • 1900 – 1902 Technische Hochschule Karlsruhe
    • Diplom 8. Februar 1903
  • 1903: Tätigkeit im elektrischen Prüffeld der Porzellanfabrik Hermsdorf
  • 1904 – 1906: Projektierung, Bau und Ausrüstung der Porzellanfabrik Freiberg
  • 1906 – 1930 Direktor der Porzellanfabrik Kahla/Werk Freiberg, Frauensteiner Straße 45
  • 1912: Vorstandsmitglied der Porzellanfabrik Kahla
  • 1923 – 1930: Schatzmeister und Vorstandsmitglied der Gesellschaft der Freunde der Bergakademie Freiberg
  • 1924: Ernennung zum Ehrensenator der Bergakademie Freiberg
  • 1929: Verleihung der Ehrendoktorwürde der Bergakademie Freiberg
  • 1929: Vorsitzender des Aufsichtsrats der Tonwarenfabrik Schwandorf und Mitglied des Aufsichtsrats der Porzellanfabrik Lorenz Hutschenreuther
  • 1. Oktober 1930: Ausscheiden aus der Porzellanfabrik Freiberg
  • Wegen seiner jüdischen Abstammung durfte Dr. Werner Hofmann ab dem Studienjahr 1934/35 nicht mehr im Personal- und Vorlesungsverzeichnis der Bergakademie Freiberg namentlich erwähnt werden.
  • Am 3. März 1939: Flucht in den Tod in Dresden

Quelle: Geschichtswerkstatt Freiberg, Dr. Michael Düsing

Geschichte des Gebäudes des Landratsamtes in Freiberg, Frauensteiner Straße 43

Luftbild des Hauptgebäudes des Landratsamtes
Foto: Detlef Müller

Das heutige Hauptgebäude wurde vor zirka 90 Jahren als Verwaltungsgebäude der Porzellanfabrik Freiberg gebaut. Seine Geschichte reicht aber bis in die Zeit um 1900 zurück.

Die Porzellanfabrik Kahla entschied sich auf der Suche nach einem neuen Standort für Freiberg. Ab 1904 begann die Errichtung von Brennöfen, der erste wurde 1906 in Betrieb genommen. Später wurde das Werk um weitere Rundöfen und einen modernen Tunnelofen erweitert. 1914 hatte die Fabrik zirka 400 Beschäftigte. Sie war eine der modernsten Elektroporzellanwerke Europas und insbesondere für die Herstellung von elektrotechnischem Porzellan und Porzellan für die Hochspannungstechnik bekannt. Eingeordnet in der HERMSDORF-SCHOMBURG-ISOLATOREN-GmbH (HESCHO) bestanden in Freiberg mehrere zentrale Einrichtungen, wie ein Keramisches Laboratorium, eine wärme- und brenntechnische Abteilung und eine maschinentechnische Abteilung.

Das Verwaltungsgebäude (heutiges Hauptgebäude des Landratsamtes) wurde 1921 bis 1922 erbaut. Integriert in den Gesamtkomplex war ein Versuchshalle, in der sich das erste Versuchsfeld Europas für 1-Million-Volt-Wechselspannung befand. Auf dem Dach war ein Freiluftversuchsfeld, dem der Turm auf dem Nordflügel als Beobachtungshäuschen diente. Heute beherbergt der Hallenbau eines der Archive des Landkreises. Als Folge der Weltwirtschaftskrise ging der Bedarf an Hochspannungsporzellan rapide zurück, das Unternehmen fuhr Verluste ein und wurde schon Anfang 1932 stillgelegt. Versuche, das Verwaltungsgebäude getrennt von der Fabrik zu verwerten, scheiterten. So wurde das Verwaltungsgebäude nebst weiteren Gebäuden 1935 der Reichswehr als Kaserne zur Verfügung gestellt. 1936 bis 1944 befanden sich (auch) Büroräume der Freiberger Wirkwaren und Strumpffabrik Kurt Vettermann im Verwaltungsgebäude.

Die weitere Nutzung des Verwaltungsgebäudes ist nicht vollständig geklärt, da die Akten 1945 nach der Besetzung Freibergs durch die Rote Armee von dieser beschlagnahmt wurden. Etwa 1942/43 bis 1945 wurde der Gesamtkomplex als Unteroffizierskaserne und Sitz der Wehrmacht genutzt. 1944 wurde unter der Tarnbezeichnung Freia GmbH eine Produktionsstätte für Luftrüstungsgüter eingerichtet, dessen Leitung im Verwaltungsgebäude untergebracht gewesen sein soll. Bis März 1945 wurde die Porzellanfabrik zu einem Außenlager des Konzentrationslagers Flossenbürg, in dem 1 000 jüdische Frauen litten und unter schlimmsten Bedingungen arbeiten mussten.

Nach der Besetzung Freibergs durch die Rote Armee zogen mit deren Zustimmung schon 1945 Ämter der damaligen Kreisverwaltung in das Gebäude, das 1952 nach der sogenannten demokratischen Verwaltungsreform der DDR durch den Rat des Kreises in Besitz genommen wurde. Nach der unblutigen Revolution von 1989/90 übernahm die Landkreisverwaltung des damaligen Landkreises Freiberg das Haus, das im Jahre 1993 dem Landkreis von der Treuhandanstalt als Verwaltungsvermögen übertragen wurde. Es blieb Sitz des Landratsamtes auch nach der ersten Kreisgebietsreform 1994. Auch die „Villa“, in der das Büro des Landrates und das entsprechende Referat untergebracht sind, entstammt dem Komplex der Porzellanfabrik Freiberg. Sie war 1913 als Direktorenvilla erbaut worden. Vom damaligen Direktor Dipl.-Ing. Dr. h. c. Werner Hofmann, der, als Jude von den Nationalsozialisten verfolgt, 1939 freiwillig aus dem Leben schied, zeugt eine Gedenktafel in dem der Eingangshalle vorgelagerten Laubengang des Verwaltungsgebäudes.

(Dietmar Lubos)


Weiterführende Literatur

  • Löffler, Eberhard:
    75 Jahre Verwaltungsgebäude der Porzellanfabrik Freiberg
  • Kerbe Friedmar/Ullrich Bernd:
    Die Entstehung und Entwicklung der Porzellanfabrik Freiberg
  • Issel, Georg:
    Das 1-Million-Volt-Versuchsfeld der Porzellanfabrik Freiberg

Alle Beiträge in: Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins, Sonderteil: Kolloquium 75 Jahre Verwaltungsgebäude der Porzellanfabrik Freiberg, 80. Heft 1998